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Wöchentlicher Bericht über Menschenrechtsverletzungen

Die Organisation Iranische Liberale Frauen berichtet über eine alarmierende Serie von Menschenrechtsverletzungen in der Islamischen Republik Iran, die in der vergangenen Woche verzeichnet wurden. Von Hinrichtungen über harte Urteile gegen Demonstrierende bis hin zu schweren Angriffen auf Frauenrechte – das Klima der Unterdrückung bleibt bedrückend, während die internationale Gemeinschaft weitgehend schweigt. Die wichtigsten Fälle im Überblick:

Bericht über Menschenrechtsverletzungen im Iran – Woche 24 des Jahres 2025

In der vergangenen Woche zeigte sich die Menschenrechtslage im Iran in einer doppelten, aber parallelen Erscheinungsform: Einerseits setzte sich die kontinuierliche und gewaltsame Unterdrückung der Gesellschaft fort – sichtbar in massenhaften Hinrichtungen, zunehmendem Druck auf religiöse Minderheiten sowie Repressionen gegen zivilgesellschaftliche und gewerkschaftliche Aktivistinnen und Aktivisten – und das selbst an „scheinbar friedlichen Tagen“. Andererseits verstärkte sich die Repression angesichts der militärischen Spannungen mit Israel, begleitet von außergerichtlichen Hinrichtungen und umfassender Unterdrückung. Die Islamische Republik machte erneut deutlich, dass sie in Zeiten der Krise nicht an der Seite der Bevölkerung steht, sondern sich offen gegen sie stellt.

Hinrichtungen im Verborgenen – 33 Gefangene innerhalb einer Woche hingerichtet

In der dritten Juniwoche stand die Islamische Republik aufgrund einer neuen Welle von Hinrichtungen im Fokus von Menschenrechtsorganisationen. Mindestens 33 Menschen wurden in verschiedenen Gefängnissen des Landes erhängt.
Am 7. Juni wurde Aydin Shariatmadar bei einem Fluchtversuch aus dem Krankenhaus durch Schüsse der Sicherheitskräfte getötet. Sein Tod rief einen kollektiven Protest im Gefängnis Qezelhesar hervor – mit dem Ruf „Freiheit oder Tod“ reagierten Mitgefangene auf die Nachricht seiner Tötung.

Mojahed Kourkour, einer der Inhaftierten der Protestbewegung „Frau, Leben, Freiheit“ in Izeh, wurde am Morgen des 15. Juni wegen des Vorwurfs der „Feindschaft gegen Gott (Moharebeh)“ hingerichtet. Ursprünglich war er beschuldigt worden, den jungen Kian Pirfalak getötet zu haben. Trotz des ausdrücklichen Widerspruchs der Familie des Opfers und des Fehlens einer Anzeige, wurde er wegen „Verderbens auf Erden“ und „bewaffnetem Aufstand“ zum Tode verurteilt – das Urteil wurde vollstreckt.

Mojahed Kourkour
Mojahed Kourkour

Weitere Hinrichtungen in derselben Woche: Davood Alinejad im Gefängnis Arak, Hossein Mirbalochzehi in Iranshahr, Abdolbaset Shahdadzehi in Zahedan sowie Hamzeh Yari, Saman Khorrami und Karim Hemmati im Gefängnis Qezelhesar (Karaj), allesamt wegen Drogendelikten. In Maschhad wurden Yashar Haqdoust sowie ein afghanischer Staatsangehöriger ebenfalls hingerichtet. Hinzu kamen neun weitere Hinrichtungen aufgrund von „Moharebeh durch Aufruhr und bewaffneten Widerstand“, im Zusammenhang mit Vorfällen aus dem Jahr 2017 im Westen des Landes. Der Name einer Verurteilten, Hafizeh Balochzehi wurde bekannt.

Weitere hingerichtete Personen: Mostafa Hajibabaei (Malayer), Mirza Morad Rezaei (Zanjan), sowie Peyman Jalalian, Shirzad Fahimi, Ayoub Samadi, Mojtaba Taheri, Ardeshir Soltanabadi, Masoud Naseri und Sajad Moradian in den Gefängnissen von Isfahan, Shirvan, Schiras und Karaj. Viele dieser Urteile wurden ohne Zugang zu rechtlichem Beistand, ohne faires Verfahren und ohne öffentliche Bekanntmachung ausgesprochen und vollstreckt. Die drastische Zunahme der Hinrichtungen, insbesondere in einer Zeit äußerer Krisen, deutet auf den gezielten und einschüchternden Einsatz der Todesstrafe als Herrschaftsinstrument hin.

Endloser Femizid – drei brutale Morde an Frauen in einer Woche

Mindestens drei Frauen wurden in dieser Woche auf grausame Weise ermordet. In Maneh und Samalqan tötete ein 53-jähriger Mann seine 47-jährige Ehefrau mit einer Stichwaffe und stellte sich danach der Polizei. In Karaj erstach ein Mann seine 31-jährige Ehefrau und beging anschließend Suizid, indem er sich vom Gebäude stürzte.
In einem besonders schockierenden Fall wurde die Leiche von Kobra Rezaei, einer afghanischen Migrantin, nach 50 Tagen des Verschwindens in der Nähe von Pakdasht aufgefunden – mit Spuren schwerer Verstümmelung und Säureangriffen. Der mutmaßliche Täter, ein 32-jähriger Mann, hat die Tat gestanden. Die wiederholte Brutalität solcher Taten bei gleichzeitigem Schweigen der Justiz verdeutlicht erneut das vollständige Fehlen wirksamen gesetzlichen Schutzes für Frauen.

Kobra-Rezaei
Kobra Rezaei

Glaube als stilles Verbrechen – anhaltende Repression religiöser Minderheiten

Fünf christliche Konvertiten, darunter Aida Najaflou und Joseph Shahbazian, wurden vom berüchtigten Richter Salavati wegen Teilnahme an Taufen, Abendmahlsfeiern und Gründung von Hauskirchen angeklagt – der Vorwurf: „Propaganda gegen das Regime“. Die Anklageschrift umfasst 26 Seiten.
Das Berufungsgericht in Yazd bestätigte außerdem insgesamt 47 Jahre und 9 Monate Haft für drei Baha’i-Bürger – Nematollah Shadpour, Nima Shadpour und Shafiq Eslami. Einer der Vorwürfe gegen sie war die Darstellung einer muslimischen Frau in einem Werbevideo. Darüber hinaus wurden ihre Geschäfte geschlossen und ihr Eigentum beschlagnahmt. Diese Entwicklung zeigt den Versuch des Regimes, nichtstaatliche religiöse Überzeugungen systematisch zu kriminalisieren.

Ein Gesetz gegen das Volk – Rückkehr zur Strafe der Handamputation

Das Urteil zur Amputation der Hände zweier wegen Diebstahls verurteilter Gefangener wurde nach Bestätigung durch den Obersten Gerichtshof im Gefängnis Dastgerd (Isfahan) vollstreckt. Der Präsident der Provinzjustizbehörde verteidigte dieses Urteil öffentlich als „abschreckende Maßnahme“. Diese Bestrafung, die klar gegen internationale Menschenrechtskonventionen verstößt, markiert die Rückkehr zu den brutalsten Formen körperlicher Strafe im iranischen Justizwesen.

Schutzlose Frauen im Abseits des Gesetzes

Die Regierung der Islamischen Republik hat das Gesetz „Schutz von Frauen vor Gewalt“, das über Jahre hinweg ausgearbeitet und im Parlament geprüft wurde, von der Tagesordnung gestrichen. Die Entfernung des Begriffs „Gewalt“ aus dem Titel, die Schwächung der Schutzbestimmungen und der Verzicht auf wirksame Umsetzungsmechanismen machen deutlich, dass keinerlei politischer Wille zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt besteht. Rechtsaktivistinnen bezeichnen diesen Schritt als ideologischen Rückschritt und offenen Angriff auf die Rechte von Frauen.

Systematische Unterdrückung von Aktivist*innen und Protestierenden

Zehn Lehrerinnen wurden in dieser Woche in Sanandadsch wegen gewerkschaftlicher Aktivitäten strafrechtlich verfolgt. Zina Fereydounian, pensionierte Lehrerin aus Qorveh, wurde zu 13 Monaten Haft, drei Jahren auf Bewährung, Ausreiseverbot sowie zur Ablehnung elektronischer Fußfessel verurteilt.
Zudem wurde das Urteil gegen die Macherinnen des Films „Mein beliebter Kuchen“ wegen eines fiktiven Spielfilms bestätigt: 26 Monate Bewährungsstrafe, 140 Millionen Toman Geldstrafe und Beschlagnahmung der Ausrüstung. Der Bildhauer Abolfazl Pourhosseini, die zwei laufende Gerichtsverfahren hat, sitzt seit fast zwei Jahren ohne Hafturlaub in Qezelhesar ein – trotz Zahnerkrankung und schwerer Zahnfleischinfektion erhält er keine medizinische Versorgung. Diese Fälle spiegeln nur einen Bruchteil der systematischen Repression gegen die protestierende Bevölkerung wider.

Im Schatten des Krieges – Eskalation der Repression in der Krise

Abschaltung und Stille – Repression in Gefängnissen und auf der Straße

Mit Beginn der israelischen Militärangriffe leitete die Regierung eine neue Repressionswelle ein – nicht zum Schutz der Bevölkerung, sondern zu deren Kontrolle. Das Evin-Gefängnis wurde in Alarmzustand versetzt, die Telefonverbindung in Trakt 8 gekappt, Hofgänge eingeschränkt und Spezialeinheiten in politischen Trakten stationiert.
Landesweit wurde das Internet stark verlangsamt oder komplett unterbrochen, Kommunikations-Apps fielen aus. In Hormozgan wurden 14, in Yazd 5 Personen wegen der Veröffentlichung kriegsbezogener Inhalte verhaftet. Die Generalstaatsanwaltschaft warnte, jede Berichterstattung oder Analyse über den Kriegszustand könne die „psychische Sicherheit der Gesellschaft“ gefährden – ein Begriff, der im iranischen Strafrecht keine rechtliche Grundlage hat und eine Form illegaler Drohung darstellt.

Hinrichtung im Verborgenen – Tod ohne Gerichtsverfahren

Am Morgen des 16. Juni wurde Esmail Fekri, ein politischer Gefangener, wegen angeblicher „Spionage für Israel“ hingerichtet – nach monatelanger Inhaftierung in den Zellen der Revolutionsgarden, ohne Zugang zu Anwalt oder Familie. Menschenrechtsorganisationen werten diese Hinrichtung als außergerichtlich und als gezielte Ausschaltung eines Regimekritikers unter dem Deckmantel der militärischen Krise.

Kinder an der Front – Schulpflicht trotz Raketenalarm

Trotz der realen Gefahr durch Luftangriffe beharrt die Regierung weiterhin auf Präsenzprüfungen in Schulen. Fehlende Frühwarnsysteme, keine Schutzräume und Gleichgültigkeit gegenüber der Sicherheit von Kindern veranlassten Expert*innen dazu, von einer Politik der „menschlichen Schutzschilde“ zu sprechen – ein klares Zeichen für die Geringschätzung zivilen Lebens.

Zwangsverschleierung im Krieg

Während Raketen das Land treffen, verschickt die Regierung weiterhin Textnachrichten zur Beschlagnahmung von Fahrzeugen wegen Verstößen gegen die Pflicht zur Verschleierung. Dies zeigt: Selbst im Krieg hat die Kontrolle über Frauenkörper Vorrang – soziale Repression bleibt höchste Priorität.

Im Krieg wie im Frieden: Die Bevölkerung bleibt der Feind

Die Ereignisse dieser Woche machen deutlich: Die Islamische Republik steht – unabhängig von politischen oder militärischen Umständen – nicht an der Seite ihrer Bevölkerung, sondern gegen sie. Von massenhaften Hinrichtungen, Femiziden und religiöser Unterdrückung in Friedenszeiten bis hin zu Verhaftungen, Internetabschaltungen und außergerichtlichen Hinrichtungen während des Krieges: Repression ist keine Reaktion, sondern eine verankerte Staatsstrategie.
Ohne eine entschlossene internationale Reaktion auf diese Verbrechen wird sich die humanitäre Krise im Iran weiter vertiefen – womöglich unwiderruflich.