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Wöchentlicher Bericht über Menschenrechtsverletzungen

Die Organisation Iranische Liberale Frauen berichtet über eine alarmierende Serie von Menschenrechtsverletzungen in der Islamischen Republik Iran, die in der vergangenen Woche verzeichnet wurden. Von Hinrichtungen über harte Urteile gegen Demonstrierende bis hin zu schweren Angriffen auf Frauenrechte – das Klima der Unterdrückung bleibt bedrückend, während die internationale Gemeinschaft weitgehend schweigt. Die wichtigsten Fälle im Überblick:

KW 23/2025: Von Schlagstock bis Galgen

Von Schlagstock bis Galgen: Bericht über Menschenrechtsverletzungen in der ersten Juniwoche 2025

In der ersten Juniwoche 2025 hat die Islamische Republik Iran erneut eine Welle der Repressionen, Hinrichtungen, Femizide, massiven Menschenrechtsverletzungen gegen Gefangene, Druck auf zivilgesellschaftliche und politische Aktivist:innen sowie zunehmende Einschränkungen religiöser Minderheiten entfesselt. Damit zeigt das Regime unmissverständlich, dass die Unterdrückungsmaschinerie des Staates nicht nur ungebremst weiterläuft, sondern mit noch größerer Härte und Reichweite arbeitet. Dieser dokumentierte Bericht liefert ein klares Bild struktureller Gewalt, institutionalisierter Diskriminierung und völliger Missachtung der Menschenrechtsprinzipien auf allen Ebenen des Justiz-, Sicherheits- und Exekutivsystems des Landes.

 

Hinrichtungen im Stillen: 27 Gefangene sterben in einer Woche

In der ersten Juniwoche 2025 offenbarte eine breite Welle von Hinrichtungen erneut das brutale und erbarmungslose Gesicht des Justizapparats der Islamischen Republik. Mindestens 27 Gefangene – darunter Personen, die wegen Mordes oder Drogendelikten verurteilt wurden – wurden in verschiedenen Gefängnissen des Landes hingerichtet. Zu diesen Haftanstalten gehören unter anderem die Gefängnisse in Zahedan, Khorramabad, Kahnuj, Ghezel Hesar, Hamedan, Kerman, Manoojan, Semnan, Urmia, Yasuj, Taybad, Qom, Isfahan, Malayer und Täbris. Allein im Gefängnis Ghezel Hesar bei Karadsch wurden an einem einzigen Tag neun Personen hingerichtet. Die meisten dieser Urteile betrafen Drogendelikte, und viele der Verurteilten hatten keinen Zugang zu einem fairen Gerichtsverfahren. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Azad Shojaei – ein politischer Gefangener aus Sardasht – kurz vor der Vollstreckung seines Todesurteils steht. Ihm werden sicherheitsbezogene Straftaten wie „Spionage für Israel“ vorgeworfen – Anklagen, die von Menschenrechtsorganisationen als konstruiert und politisch motiviert bewertet werden. Die Fortsetzung und Ausweitung von Hinrichtungen – insbesondere in diesem Ausmaß und bei zweifelhaften Anklagen – verdeutlicht eindeutig den systematischen Einsatz der Todesstrafe als Mittel der Einschüchterung und Unterdrückung.

 

Femizide weiterhin unbeantwortet

Elahe Hosseinnejad
Elahe Hosseinnejad

In der vergangenen Woche rückte die systematische Gewalt gegen Frauen im Iran erneut durch zwei erschütternde Morde in den Fokus der Öffentlichkeit. Elahe Hosseinnejad, eine 24-jährige Frau und Aktivistin der Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“, verschwand am 25. Mai nach Verlassen ihres Arbeitsplatzes spurlos. Ihre mit Messerstichen getötete Leiche wurde am 5. Juni in der Wüste nahe Teheran aufgefunden. Der Täter, Bahman Farzaneh, ein religiöser Anhänger der Islamischen Republik, gestand die Tat nach seiner Festnahme. In einem weiteren Fall wurde Hanieh Behboodi Pouramghan, eine 24-jährige Sportlerin und Mutter eines Kindes, am Morgen des 6. Juni in Fariman infolge häuslicher Gewalt von ihrem Ehemann zu Tode geprügelt. Der Ehemann wurde nach seinem Geständnis wegen „Verdachts und familiärer Konflikte“ verhaftet. Diese Verbrechen, die im Schweigen des Justizsystems und angesichts fehlender rechtlicher Unterstützung für die Opfer geschehen, verdeutlichen erneut die Tiefe der Femizid-Krise und die Straffreiheit für Täter in Iran.

Hanieh Behboodi
Hanieh Behboodi

 

Grenzenlose Zellen: Berichte von Leid und Widerstand in Irans Gefängnissen

Auch in der vergangenen Woche legten Berichte aus iranischen Gefängnissen erneut die grausame Realität des Justiz- und Sicherheitsapparats offen – ein System, in dem weder die Gesundheit der Inhaftierten geachtet noch grundlegende Menschenrechte gewahrt werden. Sayeh Seyedal, promovierte Völkerrechtlerin und politische Gefangene, wurde nach acht Tagen Hunger- und Medikamentenstreik wegen Kommunikationsverbot und medizinischer Diskriminierung in kritischem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert, jedoch trotz besorgniserregender Testergebnisse wieder ins Gefängnis zurückgebracht.

Sayeh Seyedal
Sayeh Seyedal

Parivash Moslemi, politische Gefangene in der Frauenabteilung des Evin-Gefängnisses, trat am 7. Juni in den Hungerstreik, um gegen die Ignoranz gegenüber einem Tumor an ihrer Hypophyse sowie sprachlichen und motorischen Problemen zu protestieren. Trotz ärztlicher Empfehlungen wird ihr eine Behandlung verweigert, während sie gleichzeitig mit neuen konstruierten Anklagen konfrontiert ist.

Reza Valizadeh, ein Journalist mit doppelter Staatsangehörigkeit, ist erneut in den Hungerstreik getreten – diesmal wegen der Verweigerung seiner Identitätsdokumente und der daraus resultierenden rechtlichen Komplikationen im Ausland. Zeitgleich gibt es Berichte über die gewaltsame Verhaftung von Karim Asghari, einem Bürger aus Sanandaj und nahen Verwandten von Varisheh Moradi, einer zum Tode verurteilten Gefangenen.

800 politische und kulturelle Aktivist:innen fordern in einem offenen Brief die Freilassung oder zumindest die sofortige Überprüfung des Falls von Abolfazl Ghadyani, einem 80-jährigen kranken politischen Aktivisten.

Im Gefängnis von Ilam ist Saadollah Ayyini, ein während der Proteste 2022 Verhafteter, umfassend von Telefon- und Besuchsrechten sowie medizinischer Versorgung ausgeschlossen. Sein Hungerstreik bleibt unbeantwortet. Im Evin-Gefängnis wird der Rechtsanwalt Taher Naqavi trotz gravierender gesundheitlicher Probleme – darunter ein Blasentumor, schwere Wirbelsäulenerkrankung und Knieprobleme – ohne Zugang zu medizinischer Behandlung unter konstantem Druck gehalten. Diese Fälle sind lediglich Beispiele für das tief verankerte System aus Ungerechtigkeit, Entbehrung und Folter in den Gefängnissen der Islamischen Republik.

 

Die Stimme des Protests im Würgegriff: Systematische Repression gegen soziale und politische Aktivist:innen

In dieser Woche wurde eine neue Welle von sicherheits- und justizpolitischem Druck auf politische, gewerkschaftliche und zivilgesellschaftliche Aktivist:innen im Iran dokumentiert. In einem besonders alarmierenden Fall wurde Mojtaba Tavakkol – ehemaliger politischer Gefangener und langjähriger Mitarbeiter des Pharmaunternehmens Aboureyhan – allein wegen seiner Kritik an den Lebensbedingungen entlassen und anschließend bei einem Protest-Sitzstreik verhaftet. Auch Farzad Rezaei, ein Lkw-Fahrer aus Divandarre, wurde wegen seiner Unterstützung des landesweiten Streiks der Fahrer von Sicherheitskräften entführt und an einen unbekannten Ort gebracht.

Elahe Mousavi, Umweltaktivistin und Journalistin aus Gorgan, wurde erneut vor Gericht geladen – nur weil sie Korruptionsfälle im Bereich der natürlichen Ressourcen verfolgt hatte. Omid Fathi, ein Schreiner aus Maschhad und politischer Aktivist, wurde ohne richterlichen Beschluss gewaltsam festgenommen; bereits zuvor war er mehrfach wegen seiner offenen Kritik bedroht worden.

Gleichzeitig hat die Staatsanwaltschaft Dehdasht gegen zwei Demonstranten – Farshad Dastmardi und Nima Rahkhodapour – schwere sicherheitsrelevante Anklagen erhoben. In einem weiteren Fall wurde der ehemalige Studentenaktivist Hamid Bidar zur Verbüßung einer fünfjährigen Haftstrafe ins Evin-Gefängnis gebracht. Das Revolutionsgericht Khavaran verurteilte den Rechtsanwalt Behnam Nezadi wegen Enthüllungen erneut zu einem Berufsverbot.

Auch Gelareh Abbasi, eine ehemalige politische Gefangene, wurde mit einem rechtskräftigen Urteil zu drei Jahren und neun Monaten Haft ins Gefängnis überstellt. Javad Behdad, ein ehemaliger Militärangehöriger und Unterstützer der Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“, wurde wegen „propagandistischer Aktivitäten“ und „Beleidigung der Führung“ vor Gericht geladen. Die Verfolgung von Lehrkräften dauert ebenfalls an: 15 Lehrer:innen in Sanandaj und 16 weitere in den Provinzen Kurdistan und Khuzestan müssen sich aufgrund ihrer Teilnahme an Protestversammlungen der letzten Jahre vor Revolutions- und Strafgerichten verantworten. Die häufigsten Vorwürfe lauten „Störung der öffentlichen Ordnung“ und „Propaganda gegen das System“.

Diese Vielzahl an Maßnahmen zeigt ein klares Bild einer breit angelegten, koordinierten Repressionskampagne durch Sicherheits- und Justizorgane – eine Politik des Schweigens, die selbst die letzten Räume für friedlichen Protest zu ersticken versucht.

 

Gesetz gegen das Volk: Bürgerliche und religiöse Freiheiten im Würgegriff

In der vergangenen Woche wurde erneut deutlich, wie gravierend die bürgerlichen Rechte im Iran verletzt werden. Sicherheitskräfte der Islamischen Republik erschossen Ali Eisafak, einen Belutschen aus Sirik, mit einem gezielten Kopfschuss in seinem eigenen Zuhause. Bisher hat keine offizielle Stelle Verantwortung für diesen Mord übernommen oder eine Erklärung abgegeben.

Gleichzeitig hält der landesweite Streik der Lkw-Fahrer trotz sicherheitsbehördlicher Repression an. Die Proteste, die in Bandar Abbas begannen und sich auf Städte wie Kermanschah, Gilan, Khuzestan und Schiras ausweiteten, führten bislang zur Festnahme von über 40 Personen.

Die Generalstaatsanwaltschaft erließ unterdessen ein Verbot für das Ausführen von Hunden („Hundespaziergänge“) in sechs Provinzen – ohne jegliche gesetzliche Grundlage. Damit werden grundlegende private Freiheiten kriminalisiert. In der Provinz Buschehr wurden Bootsbesitzer und Matrosen, die gegen die Hafenpolitik protestierten, brutal mit Schlagstöcken und Tränengas angegriffen.

Gleichzeitig nahm auch die Repression gegen religiöse Minderheiten weiter zu. In Maschhad wurden 19 Anhänger der religiösen Bewegung „Ayin-e Yamani“ bei einer Zeremonie festgenommen – ihr Schicksal ist unbekannt. Zwei zum Christentum konvertierte Personen wurden in Abwesenheit zu drakonischen Strafen von insgesamt 24 Jahren Haft, hohen Geldbußen, Vermögenskonfiskation und sozialer Ächtung verurteilt – allein wegen ihres Glaubens.

In Isfahan wurden Arman Bahrami und seine Mutter Elham Sayyadat, Angehörige der Bahai-Gemeinde, Opfer einer rechtswidrigen Hausdurchsuchung, Zerstörung von Eigentum und Bedrohungen. In Täbris wurde auch das Haus von Sayeh Aghaei, einer weiteren Bahai, auf richterliche Anordnung durchsucht und ihr elektronisches Eigentum beschlagnahmt.

Diese Vorgänge verdeutlichen, dass die Sicherheits- und Justizbehörden der Islamischen Republik individuelle, religiöse und soziale Freiheiten nicht nur missachten, sondern gezielt unterdrücken. Die Gesellschaft wird in eine Lage permanenter Unsicherheit und Unberechenbarkeit versetzt.

Was sich in dieser Woche ereignet hat, ist lediglich ein flüchtiger Spiegel einer tiefen, schmerzhaften Realität – einer Gesellschaft, in der die grundlegendsten Rechte der Bürger:innen, vom Recht auf Leben bis zur Meinungsfreiheit, systematisch von Sicherheits- und Justizapparaten verletzt werden. Die anhaltenden Hinrichtungen, Femizide, der systematische Druck auf Gefangene, Aktivist:innen und Minderheiten senden ein klares Warnsignal an die internationale Gemeinschaft: Untätigkeit angesichts dieses Kurses wird die humanitäre Krise im Iran nur weiter verschärfen. Jetzt ist mehr denn je internationale Unterstützung zur Verteidigung der menschlichen Würde im Iran gefragt.