Die problematische Plattformierung von Maryam Rajavi und der Volksmudschahedin (MEK)

MEK

„Zermalmt die Kurden mit euren Panzern und bewahrt eure Munition für die Revolutionsgardisten auf.“

Diese Worte, die Maryam Rajavi zugeschrieben werden, der Anführerin der Volksmudschahedin (MEK), wurden in einem Artikel der New York Times vom 13. Juli 2003 zitiert.

The Cult of Rajavi – The New York Times Magazine

Maryam Rajavi's quote - Kill the Kurds

Kürzlich wurde ein Artikel in der Welt von Maryam Rajavi veröffentlicht, der in der iranischen Opposition, besonders in der in Deutschland lebenden Diaspora, Besorgnis ausgelöst hat.

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Für viele Vertreter:innen dieser Gemeinschaft stellt es eine alarmierende Entwicklung dar, dass einem prominenten deutschen Medium eine Person wie Rajavi eine Plattform geboten wird – eine Person, die an der Spitze einer Organisation steht, die lange als terroristisch galt –, um ihre politische Agenda zu verbreiten.

Maryam Rajavi wird eine bedeutende Verantwortung für zahlreiche schwere Vergehen zugeschrieben, und ihre Rolle in der Geschichte des Iran sowie des Nahen Ostens gilt als besonders problematisch. Es wird häufig darauf hingewiesen, dass ihre Organisation während ihrer blutigen Jahre enge Beziehungen zum irakischen Diktator Saddam Hussein pflegte und bis 2012 international als Terrororganisation gelistet war.

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Es wird als besorgniserregend empfunden, dass einer solchen Person in einer angesehenen Zeitung Gehör verschafft wird. Kritiker:innen sehen darin nicht nur eine Verharmlosung von Gewalt, sondern auch eine politische Fehleinschätzung.

Die Volksmudschahedin und ihre düstere Vergangenheit

Ein Blick auf die Geschichte der umstrittenen Organisation

Die Volksmudschahedin (MEK) gehören zu den umstrittensten oppositionellen Bewegungen mit iranischem Hintergrund. Sie wurden 1965 gegründet und vereinten islamische und marxistische Ideologie, mit dem Ziel, das damalige monarchische Regime im Iran durch bewaffneten Widerstand zu stürzen. Einige Berichte deuten darauf hin, dass sich Mitglieder frühzeitig in militanten Zellen organisierten, in palästinensische Trainingslager reisten, Guerillakampftechniken erlernten und in den Iran zurückkehrten, um den bewaffneten Kampf zu führen.

Was als revolutionärer Widerstand begann, soll sich jedoch rasch zu einer gewalttätigen und radikalen Bewegung entwickelt haben. Die Volksmudschahedin werden für zahlreiche Morde an amerikanischen Militärberatern, iranischen Beamten, Polizisten und Zivilisten verantwortlich gemacht. Während der Unruhen von 1978 sollen sie sich an Plünderungen und Brandanschlägen auf Banken beteiligt haben und dabei Gelder der Bevölkerung geraubt haben.

Die Vielzahl und Brutalität ihrer Aktionen könnte ein ganzes Buch füllen, so erschütternd sind die Berichte über ihr Vorgehen.

Ein besonders dunkles Kapitel wird der MEK im Iran-Irak-Krieg (1980–1988) zugeschrieben. Statt sich der iranischen Bevölkerung verpflichtet zu fühlen, stellten sie sich auf der Seite von Saddam Hussain. Ihre Kooperation mit dem Regime in Bagdad soll tausende Menschenleben gekostet haben und führte zu einer tiefen Spaltung innerhalb der iranischen Gesellschaft. Die Volksmudschahedin wurden von vielen Iraner:innen fortan als Verräter betrachtet.

Besonders schwer wiegen die Vorwürfe über ihre angebliche Beteiligung an Gräueltaten gegen die kurdische Bevölkerung im Nordirak. Zahlreiche unabhängige Berichte dokumentieren ihre Verwicklung in brutale Militäraktionen. Maryam Rajavi wird laut einem Artikel der New York Times vom 13. Juli 2003 die Verantwortung für einen Befehl zugeschrieben, der seither als Symbol für die Skrupellosigkeit der Gruppe gilt:

„Zermalmt die Kurden mit euren Panzern und bewahrt eure Munition für die Revolutionsgardisten auf.“

Diese Worte sollen die kompromisslose Härte verdeutlichen, mit der die Volksmudschahedin vorgingen – auch gegenüber Zivilisten.

MEK kills people
Ein Zeitungsausschnitt vom 26. Juli 1988 über das Massaker im Imam-Khomeini-Krankenhaus in Eslamabad-e Gharb, Provinz Kermanschah, verübt von den westlichen Einheiten der Volksmudschahedin

Obwohl sich die Organisation heute gerne als demokratische Alternative zum islamischen Regime in Teheran inszeniert, bleibt ihre Vergangenheit ein schwerwiegendes Erbe. Eine schonungslose Auseinandersetzung mit dieser Geschichte ist aus der Sicht vieler Beobachter:innen unerlässlich – nicht nur für ihre eigene Glaubwürdigkeit, sondern auch für die Zukunft einer freien und friedlichen Opposition im Iran.

Der internationale Kontext: Straflosigkeit und die ausbleibende Anklage

Ein weiteres zentrales Problem im Zusammenhang mit der Geschichte der Volksmudschahedin ist das vollständige Ausbleiben rechtlicher Konsequenzen auf internationaler Ebene. Trotz zahlreicher Berichte und belastender Zeugenaussagen über die unter der Führung von Maryam und Massoud Rajavi begangenen Gräueltaten ist bis heute kein internationaler Haftbefehl gegen sie erlassen worden. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat bislang keine Anklage erhoben – ein Zustand, der angesichts der Schwere und Internationalität ihrer Verbrechen als alarmierend angesehen wird.

Rajavi and Sadam
Das Bild zeigt Massoud Rajavi, den ehemaligen Anführer der Volksmudschahedin, bei einem Besuch in Saddam Husseins Büro während des Iran-Irak-Kriegs.

https://www.bbc.com/persian/iran/2016/09/160912_l44_albania_iraq_mujahedin

Es stellt sich die dringende Frage, wie es möglich ist, dass eine Person, die für tausende Opfer und die enge Zusammenarbeit mit einem der brutalsten Regime des Nahen Ostens verantwortlich gemacht wird, de facto Immunität genießt. Während sich die internationale Justiz in vergleichbaren Fällen als durchsetzungsfähig erwiesen hat, bleibt eine juristische Aufarbeitung im Fall der Volksmudschahedin und ihrer Führungsriege auffallend aus. Zwar darf Maryam Rajavi beispielsweise nicht in die USA einreisen, da ihre Organisation lange Zeit auf der Terrorliste stand und weiterhin sicherheitspolitische Vorbehalte bestehen, doch handelt es sich hierbei lediglich um eine symbolische Maßnahme ohne tatsächliche strafrechtliche Relevanz.

Diese Passivität wirft grundlegende Fragen nach der Gleichbehandlung im internationalen Rechtssystem auf. Während andere für weit geringere Vergehen belangt wurden, scheinen die Verantwortlichen der MEK systematisch dem Zugriff der Justiz zu entgehen. Dies erzeugt nicht nur ein Klima der Straflosigkeit, sondern lässt bei den Opfern und ihren Angehörigen ein tiefes Gefühl von Ohnmacht und Verrat.

Fazit: Die Verantwortung der westlichen Medien

Umso schwerer wiegt vor diesem Hintergrund die Tatsache, dass westliche Medien – darunter auch renommierte deutsche Tageszeitungen – Maryam Rajavi eine Bühne bieten. Zahlreiche Kritiker:innen werten dies als gefährliche Fehleinschätzung: Einer Frau, die an der Spitze einer marxistisch-islamistischen Bewegung mit einer gewaltsamen und sektenhaften Vergangenheit steht, wird damit Raum gegeben, ihre politische Agenda ungehindert zu verbreiten. Die Organisation, die sie führt, soll nicht nur in zahlreiche Terrorakte verwickelt gewesen sein, sondern auch offen mit einem Diktator wie Saddam Hussein kollaboriert haben – mit verheerenden Folgen für unzählige Menschen.

The MEK Fact Sheet – NUFDI

Es wird als zutiefst enttäuschend wahrgenommen, dass eine solche Person in den Medien hofiert wird, da dies nicht nur eine Verharmlosung ihrer Taten darstellt, sondern auch eine politische Naivität, die weitreichende Konsequenzen haben kann. Eine demokratische Öffentlichkeit sollte nicht als Bühne für Propaganda jener werden, die selbst tief in antidemokratische, totalitäre und gewaltvolle Strukturen verstrickt sind.

Es ist höchste Zeit, dass westliche Medien ihrer Rolle als kritische Instanzen gerecht werden – mit dem notwendigen historischen Bewusstsein, der gebotenen journalistischen Sorgfalt und dem Respekt gegenüber den Opfern. Die wiederholte Verharmlosung oder gar Legitimierung der Volksmudschahedin gefährdet nicht nur die Glaubwürdigkeit der Medienlandschaft, sondern stellt einen moralischen Bankrott im Umgang mit der Vergangenheit dar. Wer solchen Organisationen eine Bühne bietet, trägt Mitverantwortung dafür, dass ihre Verbrechen weiterhin im Dunkel der Geschichte verharren – ungesühnt, unaufgearbeitet und der Gerechtigkeit entzogen.

von: Maryam Atamajori

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