Am 9. November 1938 begann eine Nacht, die das Leben der jüdischen Bevölkerung in Deutschland und Österreich unwiderruflich verändern sollte – ein unbeschreiblicher Ausbruch der Gewalt, orchestriert und angeleitet von der nationalsozialistischen Führung. Dieser staatlich inszenierte Gewaltausbruch gegen die jüdische Bevölkerung wird als „Reichspogromnacht“ bezeichnet, da er sich in Form eines organisierten, vom NS-Regime getragenen Pogroms entfesselte. Über 1.400 Synagogen und Gebetshäuser sowie zahllose jüdische Friedhöfe wurden niedergebrannt und geschändet. Heilige Orte, die für Gebet, Gemeinschaft und Trost standen, wurden dem Boden gleichgemacht, während die Feuer lichterloh brannten und der Rauch weit über die Stadtgrenzen hinaus sichtbar war.
Jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden geplündert, ihre Fensterscheiben eingeschlagen, ihre Innenräume verwüstet. Diese Nacht, in der der Boden mit Glassplittern und den Trümmern jüdischer Existenzen übersät war, wurde daher oft als “Kristallnacht” bezeichnet. Doch dieser Begriff verschleiert die brutale Realität der Ereignisse – eine Realität, die nicht nur Sachschaden hinterließ, sondern gezielt das Leben und die Würde unschuldiger Menschen zerstörte.
Tausende jüdische Männer wurden verhaftet und in Konzentrationslager wie Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen verschleppt. In diesen Lagern erwarteten sie unbeschreibliche Qualen, Misshandlungen und die grausame Realität des aufkeimenden NS-Terrors. Familien wurden auseinandergerissen, Kinder verloren ihre Eltern, Eltern verloren ihre Kinder – eine systematische Zerstörung der sozialen und familiären Strukturen der jüdischen Gemeinschaft.
Über 30.000 jüdische Bürger wurden in jener Zeit verhaftet und inhaftiert, viele von ihnen sollten nie wieder zurückkehren. Die Reichspogromnacht war der erste massive Schritt in der Entmenschlichung und der systematischen Vernichtung eines ganzen Volkes. Es war der Beginn der Shoah, die später zum Holocaust werden sollte, und ein schockierender Höhepunkt der Judenverfolgung im nationalsozialistischen Deutschland.
Das Vermächtnis der Reichspogromnacht: Mahnung und Verantwortung
Heute, über achtzig Jahre später, ist es unsere Verantwortung, das Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht aufrechtzuerhalten und die Geschichten ihrer Leiden weiterzutragen. Diese Nacht ist eine Mahnung, die uns lehrt, wachsam zu bleiben und den aufkeimenden Hass in all seinen Formen zu bekämpfen. Sie erinnert uns daran, dass Diskriminierung, Antisemitismus und Hass auf keine Weise toleriert werden dürfen. Unsere Erinnerung ist der Grundstein für das Versprechen, dass solch ein Verbrechen nie wieder Platz finden darf – weder in Deutschland noch anderswo.
Möge das Gedenken an die Reichspogromnacht und an die unzähligen unschuldigen Opfer der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft uns immer daran erinnern, für eine gerechte und menschenwürdige Gesellschaft zu kämpfen.