Artikel von Benjamin Sadr (Radiofarda), übersetzt von Leyla Dehghan (ILF)
09.09.2024
Am 9. September 2019 verbreitete sich die Nachricht vom tragischen Tod von Sahar Khodayari, dem „blauen Mädchen“, wie ein Lauffeuer – nicht nur im Iran, sondern weltweit im Fußball. Dieser Bericht gedenkt ihrem fünften Todestag und beleuchtet ihre Verhaftung, ihr Leiden, die Gründe für ihren Suizid und ihren Einfluss auf den jahrzehntelangen Kampf iranischer Frauen um das Recht, Fußballstadien zu betreten.
„Das blaue Mädchen“ als Symbol für Freiheit:
Vor fünf Jahren verkleidete sich Sahar Khodayari als Mann, um ein Fußballspiel live zu sehen. Diese mutige Tat verwandelte die Farbe Blau in ein Symbol für ihren Lieblingsverein und ihren Namen „das blaue Mädchen“. Am 12. März 2019 reiste die 28-jährige Sahar heimlich von Qom nach Teheran, um das wichtige Spiel ihres Vereins Esteghlal im Azadi-Stadion zu sehen. Der Eintritt für Frauen war verboten, daher versuchte sie es in männlicher Verkleidung. Ihr Vater hatte erklärt, dass es „nicht richtig sei, dass ein Mädchen ins Stadion geht“.
Sahars Versuch, am letzten Tag des iranischen Jahres 1397 (März 2019) das Stadion zu betreten, endete in ihrer Verhaftung. In dieser Zeit wurden Frauen, die versuchten, Fußballspiele zu sehen, routinemäßig verhaftet und erniedrigt. Ironischerweise trug das Stadion den Namen „Azadi“, also „Freiheit“.
Obwohl Sahar ihren Traum, Esteghlal live zu sehen, nie erfüllen konnte, trugen ihre Opfer und ihr Tod dazu bei, dass Frauen möglicherweise endlich die Möglichkeit erhalten, Fußball in iranischen Stadien zu sehen.
Maryam Shojaei, eine Aktivistin für Frauenrechte, betont, dass der Kampf für das Frauenrecht, in Stadien zu sehen, lange vor Sahars Tod begonnen hatte, aber ihr Name brachte diese Forderung laut und deutlich in die Welt.
Wie wurde Sahar verhaftet?
Am 12. März 2019, vor Beginn des Fußballspiels, erreichte Sahar das 100.000-Mann-starke Azadi-Stadion. Sicherheitskräfte kontrollierten routinemäßig die Zuschauer, um sicherzustellen, dass keine Frauen in männlicher Verkleidung das Stadion betraten. Sahar, als Mann verkleidet, sagte den Sicherheitsbeamten: „Ich bin eine Frau, bitte fassen Sie mich nicht an.“ Diese Offenbarung zerstörte ihre Hoffnungen auf einen Stadionbesuch.
Laut ihrer Schwester Maryam wurde Sahar in das für Kriminelle vorgesehene Fahrzeug geschleppt und anschließend ins Gefängnis Vezarat gebracht – dasselbe Gefängnis, das nach dem Tod von Mahsa Amini erneut Schlagzeilen machte.
Was geschah an dem Tag der Tragödie?
Nach ihrer vorübergehenden Freilassung kehrte Sahar Khodayari im September 2019 nach Teheran zurück, um ihr Handy abzuholen und ihren Fall weiterzuverfolgen. Ihr wurde mitgeteilt, dass ihr eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu einem Jahr drohte. Diese Nachricht führte zu einem hitzigen Streit, der in der Drohung gipfelte, sich selbst zu verbrennen. Sahar nahm sich letztlich das Leben.
Sahar Khodayari ruht nun in ihrem Heimatdorf in der Provinz Chaharmahal und Bakhtiari, fünf Jahre nach ihrem Tod.
Voria Ghafouri, der Kapitän von Esteghlal, im Gedenken an das „blaue Mädchen“:
Nach Bekanntwerden der Ereignisse veröffentlichte Esteghlal eine Erklärung zum Gedenken an Sahar. Am 15. September 2019, dem ersten Spiel von Esteghlal nach Sahars Tod, betrat Voria Ghafouri, der Kapitän des Vereins, das Spielfeld in einem schwarzen Trikot mit dem Namen „blaues Mädchen“ und einem großen Herz. Seine Teamkollegen trugen dieselben Trikots. Dieses Zeichen des Protests brachte Ghafouri sicherheitspolitische Probleme ein und veränderte seine Bedingungen grundlegend.
Ghafouri erklärte, dass Sahars Tod eine „schockierende Tragödie“ sei und „dieses Unrecht niemals vergessen wird“. Der Eintritt von Frauen ins Stadion und der Tod von Sahar, das sei unverzeihlich.
Die Welt schaute hin, Sahar wurde unsterblich:
Am 9. September 2019, die Nachricht vom Tod von Sahar Khodayari, dem „blauen Mädchen“, verbreitete sich rasch. Diese traurige Nachricht führte zu globalem Protest für das Recht der iranischen Frauen auf Stadionzugang.
Wichtige europäische Fußballvereine und internationale Politiker äußerten sich und unterstützten Sahars Erbe.
Letztendlich erklärte Sahars Familie den Fall für abgeschlossen. Einige Personen wurden wegen Misshandlungen während der Haft bestraft. Doch Sahars Tod beschleunigte die Bemühungen, Frauen den Zugang zu Stadien zu ermöglichen. Die FIFA setzte die Verantwortlichen der Islamischen Republik Iran unter Druck.
Ein Monat nach Sahars Tod fand das WM-Qualifikationsspiel zwischen Iran und Kambodscha im Azadi-Stadion statt – mit einer kleinen Gruppe ausgewählter Frauen auf den Tribünen. Dies markierte einen ersten Schritt im weiterhin umstrittenen Kampf um das Recht der Frauen auf Stadionbesuche. Vielleicht wird eines Tages der Name „blaues Mädchen“ für ein schönes Stadion stehen und den endgültigen Sieg symbolisieren.
Quelle: https://www.radiofarda.com/a/iranian-blu-girl-esteghlal-team-azadi/33108617.html