Nr. 3 – Dezember 2024

Veröffentlichungsdatum: 2024-12-05

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Sicherheit im Nahen Osten und der Iran als vergessene Säule zwischen Ideologie und Diplomatie

Wenn wir über Sicherheit im Nahen Osten sprechen, beziehen wir uns auf kein abstraktes Konzept, das dieser Region immer fremd war. Der Nahe Osten war vor der Islamischen Revolution im Iran als eine Region mit relativer Stabilität bekannt, in der regionale Kooperationen eine entscheidende Rolle spielten. Abkommen wie die CENTO (Central Treaty Organization), die unter Beteiligung von Iran, Irak, der Türkei, Pakistan und Großbritannien im Jahr 1979 gegründet wurden und von der NATO inspiriert waren, symbolisierten die Bemühungen, Stabilität zu schaffen und den Einfluss externer Mächte wie der Sowjetunion zu begrenzen.

In diesem Zusammenhang spielte die iranische Regierung unter Mohammad Reza Schah Pahlavi eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung dieses Bündnisses. Trotz zahlreicher interner Herausforderungen, darunter der erbitterte Widerstand von Kommunisten und revolutionären islamistischen Gruppierungen, gelang es ihm, Irans Position als zentrale Säule dieses Paktes zu sichern.

Der Iran der 1950er- und 1960er-Jahre sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, dass die Tudeh-Partei, die als innerer Arm der Sowjetunion agierte, systematisch gegen seine regionalen Strategien arbeitete. Gleichzeitig lehnten islamistische Gruppen wie die Fedajane-Islam jede Zusammenarbeit mit dem Westen kategorisch ab und schreckten nicht davor zurück, einen Terrorakt gegen den damaligen Premierminister zu verüben, um die Umsetzung des Bündnisses CENTO zu verhindern.

Trotz dieser massiven Widerstände gelang es dem Schah, Iran mit bemerkenswertem diplomatischem Geschick und politischer Entschlossenheit als Zentrum regionaler Kooperation zu etablieren. Unter seiner Führung wurde der CENTO (ehemals Bagdad-Pakt) erfolgreich auf sein Hauptziel ausgerichtet: die Eindämmung des sowjetischen Einflusses.

Iran, mit seiner strategischen Lage und stabilen Führung, war nicht nur die Hauptstütze dieses Bündnisses, sondern auch ein Vorbild für effektive Zusammenarbeit in der Region. Der gewaltsame Sturz der irakischen Monarchie im Jahr 1958 und die Machtübernahme durch Nationalisten brachten jedoch den ersten schweren Schlag gegen das Bündnis. Trotz des Austritts des Iraks blieb Iran dem Pakt treu und bewahrte seine aktive Rolle in der regionalen Sicherheitskooperation. Zudem bemühte sich Iran, die Vereinigten Staaten enger in das Bündnis einzubinden.

Die Islamische Revolution im Iran von 1979 und der grundlegende Wandel in der iranischen Außenpolitik unter der Islamischen Republik versetzten CENTO den zweiten und endgültigen Schlag. Die Islamische Republik zerstörte nicht nur den Pakt mit ihrem ideologischen und antiwestlichen Ansatz, sondern schuf auch ein Sicherheitsvakuum in der Region, das schnell von der Sowje-tunion gefüllt wurde. Diese Entwicklung schwächte nicht nur die Stabilität des Nahen Ostens, sondern beeinträchtigte auch die wirtschaftliche und politische Entwicklung der Region. Nach dem Zerfall der Sowjetunion führte dies zur Stärkung der Rolle Russlands, dessen Einfluss bis heute an den Grenzen Europas als Bedrohung wahrgenommen wird.

Das entstandene Sicherheitsvakuum und die langfristigen Folgen dieses Umbruchs unterstreichen die Notwendigkeit einer Rückkehr zu Rahmenwerken, die CENTO ähneln. Die Wieder-belebung einer solchen Struktur könnte dazu beitragen, die Region zu stabilisieren, innere Spannungen abzubauen, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu fördern und den Einfluss externer Mächte wie Russlands zu begrenzen. Die Beteiligung zentraler Akteure der Region wie Israel, Saudi-Arabien und Iran an einer solchen Allianz könnte die Grundlage für eine verstärkte Entwicklung und Konvergenz in sicherheits- und politischen Fragen schaffen.

Die Wiederbelebung regionaler Bündnisse würde für Europa große Vorteile mit sich bringen. Ein stabiler Naher Osten würde Schwankungen auf den Energiemärkten verringern, den Zugang zu verlässlichen Energiequellen sichern und die Bedrohungen durch Migrations- und Sicherheitskrisen mindern.

Gleichzeitig könnte eine verstärkte regionale Zusammenarbeit den Handel und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und dem Nahen Osten ausbauen. Eine stabilere Region würde zudem das geopolitische Risiko für langfristige europäische Infrastruktur- und Technologieprojekte verringern.

Für Europa, insbesondere Deutschland, wäre es eine einzigartige Gelegenheit, eine aktive Rolle bei der Begrenzung der Islamischen Republik zu übernehmen und den Weg für die Wiederbelebung solcher regionaler Sicherheitsstrukturen zu ebnen. Dieses Engagement würde ein echtes Win-Win-Szenario für Europa und den Nahen Osten darstellen. Wenn Deutschland sich in dieser Hinsicht einbringt, könnte es eine stabilisierende Rolle im Nahen Osten spielen, was nicht nur für Europa von Vorteil wäre, sondern auch für die weltweite Sicherheit und die politische sowie wirtschaftliche Entwicklung der Region. Die Rückkehr zu einem Modell regionaler Zusammenarbeit, wie es vor der Islamischen Revolution im Iran existierte, könnte eine einmalige Chance für langfristige Stabilität, Entwicklung und globale Sicherheit bieten.

Elahe Ramandi

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