Wurzeln, Ziele und Chancen der Iranischen Revolution

Am 29.01.2024 fand im Haus der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bremen eine tiefgehende Diskussion über die „Wurzeln der #IranRevolution“ statt.

Wir danken den Altstipendiaten der KAS e.V. herzlich für die Einladung und den Teilnehmern für ihr reges Interesse.

Die Veranstaltung bot einen anspruchsvollen Rahmen, um verschiedene Perspektiven zu beleuchten und tiefgehende Erkenntnisse zu den Ursprüngen der Iranischen Revolution zu gewinnen. Neben der historischen Reflexion wurde auch die Rolle und Beteiligung von Frauen im revolutionären Kontext kritisch betrachtet.

I: Wurzeln, Ziele und Chancen der Iranischen Revolution

Mit dem Slogan „Zan-Zendegi-Asadi, Frau-Leben-Freiheit“ begannen am 19. September 2022 die bisher heftigsten und anhaltenden Proteste der iranischen Bevölkerung gegen das islamische Regime. Auslöser war der gewaltsame Tod der 22-jährigen Iranerin Mahsa Amini, die nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei im Polizeigewahrsam ins Koma fiel und drei Tage später an Gehirnblutungen verstarb. Ihr Vergehen: Eine Haarsträhne schaute unter ihrem Kopftuch hervor.

Der Tsunami des Protests gegen das islamische Regime war und ist gewaltig. Eine ganze Generation erhob sich, und die Solidarität reichte von Frauen und Männern im Iran bis zu Iranern in der Diaspora und weltweit. Die Bilder, wie Frauen sich in Solidarität mit den unterdrückten Frauen (und Männern) weltweit auf offener Straße die Haare schnitten, sind noch sehr präsent.

 

Das Regime setzt seit Oktober 2022 seinen gesamten Gewaltapparat ein und führt einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Basidj-Milizen, Revolutionsgarden, der Geheimdienst und die normale Polizei gehen gemeinsam gegen unbewaffnete, friedlich demonstrierende Menschen vor. Laut offiziellen Angaben wurden in den Protesten in mindestens 282 Städten im Iran mehr als 750 Menschen von Sicherheitskräften getötet, und über 30,000 wurden inhaftiert. Hunderte Menschen erblindeten, weil Sicherheitskräfte gezielt Metallkugeln in ihre Augen schossen, während weiblichen Demonstranten gezielt in den Unterbauch geschossen wurden.

II: Ursprung der Iranischen Revolution

Proteste im Iran sind nichts Neues, und Iraner, unabhängig von Geschlecht, Ethnie, Alter und Schicht, erheben seit 40 Jahren ihre Stimme gegen dieses islamistische Regime. Direkt nach der Revolution von 1979 und nach der Hinrichtung vieler Generäle und Anti-Islamisten gingen tausende Iraner auf die Straßen, um gegen die Tötungsmaschinerie des Regimes zu demonstrieren. Am ersten Internationalen Frauentag nach der Revolution, am 8. März 1979, gingen tausende Frauen auf die Straßen, um gegen die frauenfeindlichen Regeln in der Islamischen Regierung zu protestieren.

 

Die aktuelle Revolution begann genau dort, wo dem iranischen Volk klar wurde, dass dieses Regime nicht nur mit seinen Reformversuchen gescheitert ist, sondern dass es nicht reformierbar ist. 2009 kam es zu Massendemonstrationen, als Mahmoud Ahmadinejad sich zum zweiten Mal zum Präsidenten erklärte. Am 28. Dezember 2017 gab es weitverbreitete Proteste mit dem Slogan „Ob Hardliner oder Reformer, eure Zeit ist vorbei“, und das Ende der Scheinreformen im Iran wurde angekündigt. Die Hoffnung auf angemessene Reformen existiert seither nicht mehr innerhalb der iranischen Bevölkerung.

 

Nach den Protesten 2017 gingen im November 2019 tausende Iraner wegen einer Benzinpreiserhöhung auf die Straßen. Laut offiziellen Angaben wurden während dieser Proteste 1500 Menschen getötet, inoffiziellen Angaben zufolge starben über 3000 Iraner, entweder durch direkte Erschießung auf der Straße oder nach der Festnahme.

 

Um den Zusammenhang zwischen den Reformen in der Islamischen Republik während der Amtszeit von Mohammad Khatami, der 1997 zum Präsidenten gewählt wurde, und der aktuellen Revolution zu verstehen, ist es notwendig, auf die erfolgreichen Reformen der Konstitutionellen Revolution von 1906, sogar vor der Machtübernahme von Pahlavi, zurückzublicken.

 

Das Ziel dieser Revolution war es, die absolute Monarchie durch eine parlamentarische Regierung abzulösen. Leider hielt dies nicht lange an, und die konstitutionelle Verfassung wurde durch den Shah von Qadjar außer Kraft gesetzt, das Parlament wurde geschlossen. Erst als Reza Shah an die Macht kam, gelang es ihm, die konstitutionelle Verfassung wiederzubeleben. Innerhalb von 16 Jahren modernisierte er das Land, reformierte die Emanzipation der Geschlechter, verbot Kinderehen, verbesserte das Schulwesen, das Gesundheitswesen, das Rechtswesen und vieles mehr. Sein Sohn, Mohammadreza Shah, setzte die Reformen seines Vaters mit Hilfe der Technokraten und den Einnahmen aus der Ölförderung fort.

 

Die meisten Iran-Experten sind sich einig, dass die schnelle wirtschaftliche Modernisierung von oben herab und der Widerstand der Geistlichen gegen Modernisierung und Gleichberechtigung der Geschlechter Gründe für die Islamische Revolution von 1979 waren. Diese wurde von Islamisten und militanten Islamo-Marxisten durchgeführt, die sich später als Reformisten ausgaben. Diese scheinintellektuellen Linksradikalen, die sich gegen Reformen stellten, zerstörten nach der Revolution die modernen Strukturen des Landes.

 

Mohammad Khatami, Staatspräsident von 1997 bis 2005, versprach Reformen, doch die Hoffnungen der Iraner wurden enttäuscht. Trotz einiger Lockerungen, wie der Kleiderordnung, waren umfassendere Reformen weder möglich noch erwünscht. Reformen in der Islamischen Regierung waren von Anfang an zum Scheitern verurteilt, da die Hardliner die Macht hatten. Die Iraner erkannten, dass die islamische Republik nicht demokratisierbar und reformierbar war. Reformen, insbesondere in Bezug auf Frauenrechte, waren laut islamischer Verfassung „gegen den Willen Gottes“. Die Hoffnung auf Reformen wurde aufgegeben, und die Forderung nach der Abschaffung des Regimes und Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit wurde lauter.

 

Ein bekannter Spruch im Iran lautet: „Als wir in der Shah-Zeit Reformen brauchten, machten wir eine Revolution. Jetzt, wo wir eine Revolution brauchen, bieten sie uns (Schein) Reformen an, um uns mundtot zu machen.“

III: Warum hat die Iranische Revolution noch keinen Erfolg?

Es gibt zahlreiche Faktoren, die zusammengespielt haben, dass den Iranern bisher nicht gelungen ist, die Revolution zum Erfolg zu bringen, obwohl Schätzungen zufolge mehr als 80% der Bevölkerung mit diesem Regime unzufrieden sind. Einer der Gründe ist, dass die Lobbyisten der Islamischen Republik sich als Scheinopposition positioniert haben und vehement gegen die demokratische Opposition vorgehen.

 

Um den Sturz des Regimes und die Bildung einer echten Opposition im Westen gegen die Regierung im Iran zu verhindern, hat das Regime seit den neunziger Jahren mehrere bekannte Persönlichkeiten und scheinbare Gegner der Regierung in den Westen geschickt. In den USA wurde das National Iranian American Council (NIAC) gegründet. NIAC ist eine anscheinend gemeinnützige Organisation, die die Interessen der iranisch-amerikanischen Bürger verfolgt. In Wirklichkeit verfolgt sie jedoch die Interessen des Regimes in den USA, indem sie darauf besteht, dass die USA und der Iran zusammenarbeiten müssen und gemeinsame Interessen haben sollten. NIAC wurde genau nach dem 11. September gegründet, unter dem Motto Frieden und Sicherheit für die USA. Die Organisation verfügt über zahlreiche Mitglieder und prominente Berater aus dem Politikbereich, die amerikanische Politiker in der Causa Iran beeinflussen. NIAC spielte eine wesentliche Rolle beim Atomabkommen zwischen dem Westen und dem Iran, indem sie die Interessen des Regimes indirekt in der amerikanischen Politik positionierte.

 

Nach dem Zustandekommen des Atomabkommens wurden etwa 42 Milliarden Dollar von blockierten Geldern des Iran freigegeben. Dieses Geld hatte jedoch keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage der Bürger und die galoppierende Inflation, sondern wurde ausschließlich für den Aufbau und die Unterstützung terroristischer Gruppen im Nahen Osten sowie den eigenen Unterdrückungsapparat verwendet. Solche Lobbyisten gibt es auch in Europa und Deutschland, die ähnlichen Ziele verfolgen, indem sie versuchen, die wirtschaftlichen Beziehungen des Westens mit dem Regime aufrechtzuerhalten und den Westen zu überzeugen, dass Sanktionen gegen das Regime aufgehoben werden müssen.

 

Viele Experten sind der Meinung, dass Sanktionen, insbesondere seitens der Bundesregierung, nicht zielführend sind, da häufig nur Einzelpersonen sanktioniert werden und nicht beispielsweise die Revolutionsgarde, die tausende Iraner und Nichtiraner innerhalb und außerhalb des Iran terrorisiert und auf dem Gewissen hat.

 

Es ist offensichtlich, dass keine Revolution Erfolg haben kann, ohne dass eine einzige starke Führung die Opposition geeint hätte. Daher sind viele Iraner der Meinung, dass das Regime versucht, durch seine Lobbyisten und ihre Scheinopposition im Westen entweder die Einigung der wahren Opposition zu verhindern oder dem Westen Persönlichkeiten als Anführer vorzustellen, die zwar tatsächlich zur Opposition des Regimes gehören, aber im Iran teilweise unbekannt sind und daher nicht über das Potenzial verfügen, die Bewegungen gegen das Regime anzuführen, was nur im Interesse des Regimes ist.

 

Natürlich versuchen die Iraner auf verschiedene Weisen, wie zum Beispiel bei Demonstrationen oder in sozialen Medien, durch die Erstellung verschiedener Kampagnen oder Umfragen ihre Stimme zu erheben und dem Westen dies zu zeigen. Selbstverständlich vertreten die Nutzer in sozialen Medien oder die Menschen auf Demos im Ausland nicht die Meinung aller Iraner im Inland, aber solche Daten können uns helfen, die Forderungen der Iraner besser zu verstehen.

IV: Wie können demokratische Länder unterstützen?

Auf den verschiedensten Demos konnten wir immer wieder hören, dass um Solidarität, aber auch um praktische, transparente und effektive Maßnahmen zur Unterstützung des iranischen Volkes seitens der Demonstrierenden gebeten wurde. Im Februar 2023 zogen 20.000 Iranerinnen und Iraner in Straßburg vor das EU-Parlament und forderten, die IRCG – die Revolutionsgarden der Islamischen Republik – auf die Terrorliste zu setzen.

 

Solche Maßnahmen können enorm helfen, dass die Unterdrückungs-, Vergewaltigungs- und Hinrichtungsmaschinerie in der Islamischen Republik ein Ende findet und der Iran sowie der gesamte Nahe Osten endlich Ruhe und Frieden finden. Die antisemitischen Maßnahmen des Regimes, die Unterstützung terroristischer Gruppierungen und die rasche Urananreicherung sind aus unserer Sicht für die ganze Welt eine Gefahr.

 

Wir haben Deutschland und die EU wiederholt gebeten:

  1. Das IRGC auf die Liste der terroristischen Gruppen zu setzen.
  2. Die diplomatischen Beziehungen auf hoher Ebene abzubrechen.
  3. Verhandlungen und Gespräche mit Vertretern der Islamischen Republik auf jeder Ebene zu vermeiden.
  4. Mit der demokratischen Opposition zu reden.

 

Und zu guter Letzt weisen viele Oppositionelle zurecht darauf hin, dass ein demokratischer Iran, sowohl politisch als auch wirtschaftlich, ein strategischer Verbündeter der internationalen Gemeinschaft und insbesondere der Europäischen Union und Deutschlands sein wird.