Wöchentlicher Bericht über Menschenrechtsverletzungen im Iran —
Woche 43 (19. bis 26. Oktober 2025)
62 Hinrichtungen in einer Woche: Eskalation der juristischen, sicherheitspolitischen und gesellschaftlichen Repression im ganzen Land
In der 43. Woche des Jahres 2025 setzte sich im Iran die massive Welle von Hinrichtungen, der zunehmende Druck auf politische und religiöse Gefangene sowie die systematische Unterdrückung der Bahá’í-Gemeinschaft fort. Innerhalb von nur acht Tagen wurden mindestens 62 Gefangene in Haftanstalten im ganzen Land hingerichtet darunter ein zum Zeitpunkt der Tat minderjähriger Straftäter (22 Jahre alt), mehrere Frauen und mehrere afghanische Staatsangehörige.

Gleichzeitig gingen die Verhaftungen von zivilgesellschaftlichen Aktivisten, Lehrkräften, Journalisten und Angehörigen der Bahá’í weiter. Eine neue Welle von Schließungen von Cafés, Fitnessstudios und privaten Veranstaltungen steht exemplarisch für die fortgesetzte soziale Kontrolle und kulturelle Einschränkung.
Dieser Bericht zeichnet das Bild einer erbarmungslosen Unterdrückungsmaschinerie, die in einer weiteren Woche Gerechtigkeit, Freiheit und menschliche Würde mit Füßen trat.
Die stille Folter in den Gefängnissen: Tod, Isolation und verweigerte Behandlung
In der 43. Woche offenbarten die iranischen Gefängnisse erneut das Ausmaß struktureller Grausamkeit und das Fehlen jeglicher Mindeststandards menschlicher Behandlung. Fälle verdächtiger Todesfälle vor der Hinrichtung, Disziplinarmaßnahmen durch Isolationshaft, sogenannte „weiße Folter“ und systematische medizinische Vernachlässigung belegen die fortgesetzte sicherheits- und racheorientierte Haltung der Justiz gegenüber Inhaftierten – insbesondere in politischen, religiösen und sicherheitsbezogenen Verfahren.
In Teheran starb ein zum Tode verurteilter Gefangener infolge eines extremen Blutzuckeranstiegs und unterlassener medizinischer Hilfe kurz vor seiner Hinrichtung – ein direkter Beweis für die Gleichgültigkeit des Justizsystems gegenüber dem Leben der Häftlinge. In Ilam wurde der 45-jährige politische Gefangene Kianoush Cheraghi als Strafe in Einzelhaft verlegt.
Im Evin-Gefängnis wird Vadood Asadi, ein aserbaidschanischer Aktivist, wegen seiner Weigerung, die Gefängniskleidung zu tragen und Fußfesseln anzulegen, von medizinischer Behandlung ausgeschlossen. In Rasht befindet sich der sunnitische Gefangene Hamzeh Darvish seit sechzehn Tagen in Einzelhaft, nachdem er eine kritische Tonaufnahme veröffentlicht hatte; seine Familie hat seitdem keinen Kontakt zu ihm. In Ahvaz wurde der arabische politische Gefangene Nazem Berihi, der zu lebenslanger Haft verurteilt ist, wegen Protesten gegen Diskriminierung arabischer Häftlinge in Einzelhaft gebracht.
In Khorramabad befindet sich Rostam Bagheri, ein 36-jähriger Bürger und Vater eines Kindes, seit über vier Monaten ohne Gerichtsentscheidung in Haft; inzwischen wird ihm neu „Unterstützung Israels“ vorgeworfen.
In Rasht wurde Zahra Shahbaz Tabari, eine 67-jährige Ingenieurin und politische Gefangene, in einem zehnminütigen Gerichtsverfahren ohne unabhängigen Anwalt wegen „Zusammenarbeit mit regierungsfeindlichen Gruppen“ zum Tode verurteilt.

Zahra Shahbaz Tabari
Schließlich ist der Gesundheitszustand von Matlab Ahmadian, einem 39-jährigen politischen Gefangenen mit Magengeschwür, Darmverwachsungen und Herzinsuffizienz, äußerst kritisch. Nach einem erfolglosen Krankenhausaufenthalt wurde er ohne Behandlung ins Gefängnis Evin zurückgebracht und bleibt ohne fachärztliche Betreuung.
Rekord des Todes: Mindestens 62 Hinrichtungen innerhalb von acht Tagen
In der 43. Woche des Jahres 2025 inszenierte die Islamische Republik eine der blutigsten Wellen von Hinrichtungen der letzten Jahre. Innerhalb von nur acht Tagen (18. bis 26. Oktober) wurden mindestens 62 Gefangene in Haftanstalten im ganzen Land hingerichtet. Selbst nach offiziellen Angaben zeigt diese Zahl die beschleunigte Taktung der staatlichen Todesmaschinerie.
Die Hinrichtungen fanden in verschiedenen Gefängnissen statt, darunter Qezel Hesar (Karadsch), Adelabad (Schiras), Vakilabad (Maschhad), Lakan (Rascht), Sepidar (Ahvaz) sowie in den Haftanstalten von Hamedan, Ilam, Kermanschah, Arak, Zandschan, Qom, Semnan und Täbris. Den meisten der Hingerichteten wurde „Mord“ oder „Drogenkriminalität“ vorgeworfen, wobei ein erheblicher Teil von ihnen in Verfahren ohne faire Gerichtsverhandlung verurteilt worden war.
Unter den Hingerichteten befanden sich Namen, die exemplarisch für die Grausamkeit des Justizsystems stehen – etwa Ali Aghajeri Peyvand, ein 22-jähriger Straftäter, der im Alter von 17 Jahren in Behbahan verhaftet worden war, sowie Narges Ahmadi, eine in Qom hingerichtete Gefangene. Zudem wurden sechs afghanische Staatsangehörige in Schiras und Tayebad gehängt. Im Gefängnis Qezel Hesar wurden vier weitere Häftlinge exekutiert, darunter ein Mann, der aufgrund eines Streits um die Registrierung einer Erfindung des Mordes beschuldigt worden war.
Darüber hinaus verloren mehrere Gefangene in Arak, Gorgan, Rascht, Gachsaran, Malayer, Aligoudarz und Khorramabad im selben Zeitraum ihr Leben. Der geografische Umfang dieser Hinrichtungswelle zeigt, dass es sich um eine koordinierte und zentral gesteuerte Umsetzung der Todespolitik im gesamten Land handelt – eine Politik, die mehr denn je den Charakter eines Machtdemonstrationsinstruments durch Angst trägt.
In einer Zeit, in der die iranische Gesellschaft mit wirtschaftlicher Krise, öffentlicher Unzufriedenheit und weitverbreitetem Misstrauen konfrontiert ist, versucht das Regime, durch die Ausweitung der Hinrichtungen die Botschaft von Kontrolle und Disziplin von oben zu vermitteln. Doch das Ergebnis dieser Politik ist keine Stabilität, sondern das Bild eines entkräfteten, gewaltfixierten Systems, das angesichts des Zusammenbruchs seiner Legitimität Zuflucht im Galgen sucht.
Ausweitung der Verhaftungen und drakonischen Urteile gegen Bürger – der Sicherheitsapparat im Alarmzustand
In der 43. Woche weiteten die Sicherheits- und Justizorgane der Islamischen Republik erneut den Umfang der Repression aus. Willkürliche Festnahmen, harte Urteile wegen zivilgesellschaftlicher Aktivitäten und sogar Hausdurchsuchungen ohne richterliche Anordnung zeichnen ein beunruhigendes Bild der fortgesetzten Politik von Einschüchterung und sozialer Kontrolle im ganzen Land.
In Kordistan wurde Shahou Ebrahimi, ein Bürger aus Saqqez und Bewohner des Dorfes Sabadlou (Baneh), von Sicherheitskräften ohne Vorlage eines Haftbefehls in seiner Wohnung festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht. Gleichzeitig wurden in Miandoab sechs Bürger – Sediq Abbasnejad, Behzad und Keyvan Barjasteh, Mobin Majidzadeh, Nima Ghorbanzadeh und Khalegh Rahimi – jeweils wegen „Propaganda gegen das System“ zu drei Monaten und einem Tag Haft verurteilt. Im selben Gerichtsbezirk erhielt auch Shahab Tavan wegen desselben Vorwurfs dieselbe Strafe. Zudem wurde Keyvan Mamehgoli, ein Bürger aus Ghoogh Tapeh (Mahabad), von der Ersten Kammer des Revolutionsgerichts Mahabad zu sechs Monaten Haft verurteilt.

Mohsen Parish
In Karadsch wurde Mohsen Parish, ein Verletzter der Proteste von November 2019, gewaltsam vor seinem Haus festgenommen und in das Zentrale Gefängnis von Karadsch überstellt. Gegen ihn, dem „Beleidigung des Obersten Führers“ und „Propaganda gegen das System“ vorgeworfen wird, wurde eine überhöhte Kaution von 750 Millionen Toman festgesetzt – ein weiteres Beispiel dafür, wie das Justizsystem überzogene Kautionsforderungen als Druckmittel gegen Familien einsetzt.
In Birjand wurde Hadi Jamalipour, Angestellter der Fernuniversität Payam-e Noor, von der Ersten Kammer des Revolutionsgerichts unter dem Vorwurf der „Beleidigung des Obersten Führers“, „Propaganda gegen das System“ und „Befürwortung Israels“ zu insgesamt acht Jahren Haft und einem Jahr Suspendierung vom Staatsdienst verurteilt. Nach Anwendung von Artikel 134 des Strafgesetzbuches sind fünf Jahre dieser Strafe vollstreckbar – ein weiteres Beispiel für den zunehmenden Einsatz politisch motivierter Anklagen, um Kritiker beruflich und gesellschaftlich auszuschalten.
In Khomein wurde Seyed Behzad Saeedi, ein 35-jähriger Krankenpfleger, nach seiner Festnahme durch die Revolutionsgarden in der Wohnung seines Vaters einen Tag später mit den Vorwürfen „Versammlung und Verschwörung gegen die innere Sicherheit“ sowie „Propaganda gegen das System“ konfrontiert und per Haftbefehl für zwei Monate inhaftiert.
In Sistan und Belutschistan wurden die beiden Brüder Sadegh und Ebrahim Lejei, Einwohner von Zahedan, innerhalb eines Tages festgenommen und an unbekannte Orte gebracht. Nach ihrer Verhaftung durchsuchten Sicherheitskräfte auch ihre Wohnungen sowie das Haus ihres Bruders Khaled Lejei – eine bekannte Methode zur familiären Einschüchterung und Ausweitung des Repressionsradius.
In Täbris drangen Sicherheitsbeamte in die Wohnung von Habib Mehri ein, beschlagnahmten sein Mobiltelefon und persönliche Gegenstände, ohne einen Gerichtsbeschluss vorzulegen. In Mahabad wurde Soroush Yousefzadeh verhaftet und zur Verbüßung einer sechsmonatigen Haftstrafe unter dem Vorwurf der „Propaganda gegen das System“ ins Gefängnis gebracht.
Diese Fälle sind nur ein Ausschnitt aus der alltäglichen Repressionspolitik der Islamischen Republik – einem System, in dem das Gesetz zu einem Werkzeug des Drucks geworden ist und Bürger allein wegen ihrer Worte, Gedanken oder selbst ihres Schweigens Gefahr laufen, verhaftet, angeklagt und bestraft zu werden.
Anhaltender Druck auf Lehrkräfte, Journalistinnen und Künstler
In der 43. Woche starteten die Sicherheits- und Justizorgane der Islamischen Republik eine neue Welle von Repressionen gegen Journalistinnen, Kulturschaffende und Pädagoginnen. Hausdurchsuchungen, harte Urteile und intransparente Gerichtsverfahren zeigten erneut, dass das Regime jede unabhängige oder kritische Stimme als Bedrohung seiner politischen Ordnung betrachtet und selbst kulturelle und Bildungsräume in Zonen der Kontrolle und Einschüchterung verwandeln will.
Am Montagmorgen, dem 20. Oktober, drangen Sicherheitskräfte in die Wohnung der Journalistin und ehemaligen politischen Gefangenen Marzieh Rasouli ein, durchsuchten das Haus und beschlagnahmten elektronische Geräte von ihr und ihrem Ehemann. Die Durchsuchung erfolgte ohne richterlichen Beschluss.
In Teheran wurde Ghodratollah Jouyar, ein 33-jähriger Angestellter der Militäranlage Parchin, von der Dritten Kammer des Militärgerichts der Provinz Teheran wegen angeblicher „Beleidigung des Obersten Führers“, „versuchten Spionageakts“ sowie wegen „Verstößen im Zusammenhang mit Drogen und Alkohol“ zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er befindet sich in Haft der Nachrichtendienstabteilung von Parchin im Militärgefängnis Hashemtiyeh und ist von anwaltlicher Vertretung und Kontakt zu seiner Familie ausgeschlossen.
In Behbahan wurde Forough Khosravi, Grundschullehrerin und promovierte Pädagogin, wegen ihrer gewerkschaftlichen Aktivitäten und kritischer Veröffentlichungen vorgeladen. Ihr werden „Propaganda gegen das System“, „Informationsaustausch mit Israel-nahen Netzwerken“ und „Beleidigung des Obersten Führers“ vorgeworfen. Ihre Verhandlung ist vor der Ersten Kammer des Revolutionsgerichts Behbahan angesetzt. Khosravi war im Juli verhaftet und nach elf Tagen Verhör gegen eine Kaution von zwei Milliarden Toman freigelassen worden.

Forough Khosravi
In Shiras bestätigte das Berufungsgericht der Provinz Fars das Urteil gegen Negin Aminzadeh, Filmemacherin und Leiterin der Filmschule Karnameh. Sie wurde zu zwei Jahren Bewährungsstrafe, Ausreiseverbot, Annullierung ihres Reisepasses und einer monatlichen Meldepflicht bei der Geheimdienstbehörde verurteilt. Zwar wurde das Verbot, soziale Medien zu nutzen, aufgehoben, doch das gesamte Verfahren beruht auf der Veröffentlichung einer einzigen kritischen Instagram-Story.
Diese Fälle verdeutlichen einmal mehr, dass in der Islamischen Republik Lehrkräfte, Künstler-innen und Journalist-innen gleichermaßen Ziel staatlicher Repression sind. Durch den kombinierten Einsatz von Justiz- und Sicherheitsapparat verwandelt das Regime die Sphäre von Kultur und Bildung in ein Feld der Stille und Angst – mit dem erklärten Ziel, jede Spur freier Gedanken schon im Keim zu ersticken.
Verschärfte Repression gegen die Bahá’í-Gemeinschaft – neue Welle von Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und schweren Urteilen
In der 43. Woche verschärften die Sicherheits- und Justizorgane der Islamischen Republik erneut den Druck auf die Bahá’í-Gemeinschaft. Eine neue Welle koordinierter Razzien, kollektiver Festnahmen sowie die Verhängung harter Haft- und Verbannungsstrafen zeigen, dass die offizielle Politik des Regimes weiterhin auf der Leugnung der Existenz- und Religionsfreiheit der Bahá’í beruht – ein Vorgehen, das nicht auf dem Gesetz, sondern auf systematischer und ideologisch motivierter Diskriminierung basiert.
Am Montag, dem 22. Oktober, durchsuchten Sicherheitskräfte in einer koordinierten und landesweiten Aktion die Wohnungen von mindestens neun Bahá’í-Bürgern in Teheran, Shiras, Semnan, Sari und Zahedan und nahmen mindestens zehn Personen fest bzw. durchsuchten sie: Fahim Agahi, Matin Agahi, Hengameh Sharifi, Adib Rahmani, Negar Misaghian, Shakib Farzan, Armaghan Enayati, Fouad Abdolghaffari, Saman Eslami und Aruna Kowsari. Gleichzeitig wurde auch die Wohnung von Shabnam Chaboksavar in Teheran durchsucht. Insgesamt wurden an nur einem Tag mindestens 19 Fälle von Festnahmen und Hausdurchsuchungen registriert – ein deutliches Zeichen für die enge Koordination zwischen dem Informationsministerium und anderen Sicherheitsbehörden.
Am selben Tag drangen Sicherheitskräfte ohne richterlichen Beschluss in die Wohnung des Bahá’í-Ehepaars Noura Nozdahi und Nabil Ashraf in Teheran ein. In Anwesenheit ihres dreijährigen Kindes beschlagnahmten sie elektronische Geräte, Bücher und religiöse Bilder. Diese Einschüchterungsaktion erhöhte die Zahl der sicherheitsbezogenen Übergriffe gegen Bahá’í an jenem Tag auf über 20 und machte erneut deutlich, dass selbst Familien und Kinder der religiösen Repression nicht entkommen.
Im weiteren Verlauf der Woche wurde Shahram Fallah, ein 64-jähriger Bahá’í aus Kerman, von der Ersten Kammer des Revolutionsgerichts der Stadt zu 13 Jahren, sechs Monaten und zwei Tagen Haft sowie einem Jahr Verbannung nach Birjand verurteilt. Ihm werden „religiös unzulässige Propaganda“ und „Bildung einer Gruppe zur Gefährdung der nationalen Sicherheit“ vorgeworfen. Fallah befindet sich seit Mordad in Haft; das harte Urteil unterstreicht erneut den politischen Charakter der gegen Bahá’í erhobenen Anklagen – Anklagen, die nicht auf konkreten Handlungen, sondern auf religiösen Vorurteilen beruhen.

Anisa Fanaian
Ebenfalls wurde Anisa Fanaian, eine Bahá’í aus Semnan, trotz der Annahme ihres Wiederaufnahmeverfahrens durch den Obersten Gerichtshof erneut von der 10. Berufungskammer der Provinz Semnan zu acht Jahren Haft verurteilt. Das Urteil bestätigt im Wesentlichen die früheren Anklagen – darunter „Bildung einer Gruppe zur Gefährdung der nationalen Sicherheit“ und „Propaganda gegen das System“ , die seit Jahren genutzt werden, um religiöse und pädagogische Aktivitäten der Bahá’í zu kriminalisieren.
Anhaltender Druck auf die Familien der Gerechtigkeitssuchenden
Auch in der 43. Woche setzte das Sicherheitsapparat der Islamischen Republik seine Politik der Einschüchterung und Verfolgung gegen die Familien der Opfer fort, die Gerechtigkeit fordern. Die Geheimdienstbehörden versuchen weiterhin, durch Vorladungen, Verhöre und die Einleitung von Strafverfahren gegen die Hinterbliebenen der bei den Protesten Getöteten ihre Stimmen zum Schweigen zu bringen und den öffentlichen Raum von jeder Erinnerung an die staatlichen Verbrechen zu säubern.

Ali Adinezadeh
In Maschhad wurde Ali Adinezadeh, der Vater von Abolfazl Adinezadeh, einem der während der Proteste von 2022 Getöteten, zur Vernehmung in die Staatsanwaltschaft vorgeladen. Ihm wurden Vorwürfe wie „Verbreitung falscher Informationen“ und „Verunsicherung der öffentlichen Meinung“ gemacht. Nach der Anhörung wurde er gegen Bürgschaft freigelassen. Diese Vorladung erfolgte, obwohl die Familie Adinezadeh bereits zuvor wegen der Organisation von Gedenkveranstaltungen und Interviews mit Medien unter ständigem Druck der Sicherheitsbehörden gestanden hatte.
Auch in Sanandadsch wurde Woria Fatehi, der Bruder von Ramin Fatehi, einem weiteren der während der landesweiten Proteste getöteten, vom Geheimdienst vorgeladen und mehrere Stunden lang verhört. Er wurde später freigelassen, ohne dass eine Erklärung über die Gründe der Vorladung oder den Inhalt des Verhörs abgegeben wurde.
Diese Fälle sind nur Beispiele für die fortgesetzte Politik der Islamischen Republik im Umgang mit den Familien der Opfer. Anstatt Verantwortung für die Tötung der Demonstrierenden zu übernehmen, verfolgt das Regime deren Angehörige – allein wegen ihres Strebens nach Gerechtigkeit – und versucht, durch Angst und Einschüchterung die unabhängige Aufarbeitung der Wahrheit zu verhindern.
Die Gerechtigkeitssuchenden stehen heute nicht nur für das Recht auf Aufklärung ihrer geliebten Toten ein, sondern auch gegen ein System, das selbst die Erinnerung an sie auslöschen will.
Verschärfung sozialer Einschränkungen und Kontrolle des Lebensstils
In dieser Woche starteten die Polizei- und Justizorgane der Islamischen Republik eine neue Welle gesellschaftlicher Repression unter dem Vorwand des Vorgehens gegen sogenannte „normwidrige Verhaltensweisen“ und „Missachtung islamischer Werte“. Was offiziell als „Schutz von Keuschheit und öffentlicher Moral“ propagiert wird, ist in Wirklichkeit ein systematischer Versuch, den Lebensstil der Menschen zu kontrollieren, öffentliche Räume einzuschränken und die sozialen Bindungen zwischen Bürgern zu schwächen.

In Ahvaz schloss die Abteilung für öffentliche Sicherheit der Provinz Chuzestan auf Anweisung der Justizbehörden 16 Betriebe, darunter 14 Cafés und Shisha-Lokale sowie zwei Gartenhäuser, mit der Begründung „normwidrigen Verhaltens“ und „Missachtung islamischer Sitten“. In Boukan wurde ein Fitnessstudio auf Anordnung der Polizei wegen „gemischter Nutzung“ geschlossen und versiegelt. Im Landkreis Karun (Provinz Chuzestan) wurden 18 Männer und Frauen wegen der Teilnahme an einer „gemischten Feier“ und des „Konsums alkoholischer Getränke“ von Polizeikräften festgenommen. Der Staatsanwalt von Karun bestätigte die Verhaftungen und erklärte, dass am Veranstaltungsort „Alkohol gefunden“ und für die Beschuldigten Strafverfahren eingeleitet worden seien. Diese Maßnahmen sind Teil einer umfassenden Kampagne, die selbst die privatesten Bereiche des Lebens der Menschen betrifft – eine Repression, die nicht einmal familiäre Feiern vor dem Zugriff der Sicherheitskräfte verschont.
Auch in der Provinz Lorestan wurden sechs Betriebe auf Anweisung der Abteilung für öffentliche Sicherheit wegen „normwidrigen Verhaltens“ geschlossen. Der Leiter der Behörde erklärte, dass die Betriebe nach wiederholter Missachtung früherer Verwarnungen versiegelt worden seien.
Diese koordinierte Reihe von Schließungen und Verhaftungen zeigt, dass die Islamische Republik ihre Politik der sozialen Kontrolle ausweitet – von der Straße bis ins Privatleben – und den Begriff der „öffentlichen Moral“ als politisches Instrument nutzt, um Freiräume der Gesellschaft weiter einzuengen.
Frauenmorde unter dem Schatten der Straflosigkeit
Im Dorf Kabud Gonbad (Pakdascht) erwürgte ein 70-jähriger Mann seine 40-jährige Ehefrau mit einer Decke und stellte anschließend eine Szene vor, die auf Selbstmord hindeuten sollte. Nur wenige Stunden später gestand er während des Verhörs den vorsätzlichen Mord. Dieser Fall ist nur einer von vielen, die wöchentlich aus verschiedenen Regionen des Landes gemeldet werden und verdeutlicht, dass Frauenmorde im Iran längst zu einem alltäglichen und strukturellen Phänomen geworden sind.

Familiäre Tötungen an Frauen – meist unter dem Vorwand von Besitzanspruch, „Ehre“ oder häuslichen Konflikten – dauern im Schatten diskriminierender Gesetze und einer männerzentrierten Rechtsordnung fort. In der Justiz der Islamischen Republik verleihen Konzepte wie das „Recht auf Vergeltung (Qisas)“, die „Vormundschaft des Ehemannes“ und die sogenannte „familiäre Ehre“ den Tätern faktisch rechtliche Privilegien. Dadurch werden Morde an Frauen nur selten mit einer angemessenen Strafe geahndet.
Der Mord an dieser Frau in Pakdascht erinnert erneut an eine bittere Realität: Solange kein politischer Wille zur Reform patriarchaler Gesetze besteht, kann jedes Zuhause zum Tatort werden – und jede Frau zur nächsten Opferzahl im Kreislauf struktureller Gewalt.
Die 43. Woche war geprägt von einer beispiellosen Welle von Hinrichtungen und organisierter Repression: Mindestens 62 Menschen wurden in Gefängnissen im ganzen Land gehängt, während Hunderte weitere Häftlinge, Aktivisten und gewöhnliche Bürger willkürlichen Urteilen, Folter und medizinischer Vernachlässigung ausgesetzt waren. In den Grenzregionen werden Kolbars und Brennstoffhändler weiterhin erschossen, und in den Häusern des Landes fallen Frauen der Gewalt und der Straflosigkeit zum Opfer.
Neben diesen erschütternden Zahlen enthüllten Hausdurchsuchungen, Bewährungsurteile, willkürliche Verhaftungen und die anhaltende Unterdrückung religiöser Minderheiten das Bild einer vollentwickelten Maschinerie der Unterdrückung, die in Abwesenheit von Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit nicht Sicherheit, sondern eine ständige Bedrohung für das Leben und die Freiheit der Menschen darstellt.
In dieser düsteren Perspektive sind die unaufhörlichen Wiederholungen von Tod, Haft und Eliminierung kein Zeichen der Stärke, sondern ein Eingeständnis der Schwäche – eines Systems, das nur durch Angst am Leben bleibt.