Die letzte Woche des Mai 2025 war in Iran von einer dramatischen Zunahme staatlicher Gewalt geprägt: Eine Welle von Hinrichtungen, Verhaftungen, Repression gegen politische Gefangene sowie weitreichenden Einschränkungen individueller Freiheiten erschütterte das Land. Die Islamische Republik intensivierte ihre sicherheits- und justizpolitischen Maßnahmen massiv. Dabei beschränkte sich die Repression nicht nur auf die gewaltsame Niederschlagung politischer und arbeitsbezogener Proteste, sondern richtete sich ebenso gegen religiöse Minderheiten, zivilgesellschaftliche Aktivistinnen und Aktivisten, Journalistinnen und Journalisten, Ärztinnen und Ärzte sowie Universitätsdozierende. Der vorliegende Bericht dokumentiert die wichtigsten Fälle von Menschenrechtsverletzungen in diesem Zeitraum, ein eindrucksvolles Zeugnis von Leid, Widerstandskraft und struktureller Ungerechtigkeit.
Hinrichtungswelle in der letzten Maiwoche: Vom lautlosen Verschwinden bis zu gezielten Machtdemonstrationen

In dieser Woche offenbarte die Islamische Republik erneut die ganze Grausamkeit ihres repressiven Apparats: Mit einer beispiellosen Welle von Hinrichtungen setzte das Regime ein Zeichen der Einschüchterung. Der Höhepunkt dieser Gewalt war die heimlich vollzogene Hinrichtung von Pedram Madani, einem 41-jährigen politischen Gefangenen, der unter dem Vorwurf der „Spionage für Israel“ zum Tode verurteilt worden war. Das Urteil wurde ohne jegliche Vorankündigung vollstreckt, obwohl der Oberste Gerichtshof es zuvor dreimal aufgehoben hatte.
Im selben Zeitraum wurde auch die Hinrichtung von Mohammad Amin Mahdavi Shayesteh, einem 26-jährigen politischen Gefangenen, rechtskräftig bestätigt. Ihm wurden „Beleidigung religiöser Heiligtümer“ und „Zusammenarbeit mit dem Feind“ zur Last gelegt. Vorwürfe, die auf Geständnissen basierten, die unter Folter erzwungen worden waren. Die Verweigerung seines Antrags auf Verlegung in die Abteilung für politische Gefangene führte zu zusätzlichem psychischem und physischem Druck.

Parallel zu diesen politischen Fällen wurde eine breite Welle von Hinrichtungen im Zusammenhang mit Drogendelikten vollzogen. Mindestens 46 Menschen wurden in verschiedenen Städten, darunter Schiraz, Ghom, Zahedan, Birjand, Kerman, Makku, Kermanschah, Isfahan, Dezful, Qazvin, Khorramabad und Bam, hingerichtet. Einige der Hingerichteten, wie Hamid Shirazi, Vater von zehn Kindern, und Ehsan Hossein-Zahi, Vater eines kleinen Kindes, stammten aus äußerst prekären sozialen Verhältnissen. In Fällen wie jenen von Shirzad Zamani, Akbar Ebrahimi oder Safar Kamali führten Vorwürfe im Zusammenhang mit Drogen,ohne transparente Gerichtsverfahren, unmittelbar zur Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe.
Zu den besonders herausragenden Fällen zählte die öffentliche Hinrichtung eines Gefangenen in Delfan wegen „Feindschaft gegen Gott“ und Mordes im Zusammenhang mit einem Überfall auf ein Juweliergeschäft, eine Tat, die offenkundig mit dem Ziel verübt wurde, in der Gesellschaft eine Atmosphäre der Angst zu erzeugen.
Ebenso wurden in nur wenigen Tagen im Gefängnis Ghezel Hessar bei Karadj fünf Häftlinge hingerichtet, die wegen Mordes und Drogendelikten verurteilt worden waren, unter ihnen Iman Asadollahi und Afshin Ezzati.
Diese Entwicklungen fügen sich in ein repressives System, das zunehmend durch die Vollstreckung älterer Urteile, undurchsichtige Gerichtsprozesse, die Abwesenheit rechtsstaatlicher Prinzipien sowie wiederholte Berichte über Folter, erzwungene Geständnisse und das Fehlen unabhängiger Verteidigung charakterisiert ist. Es entsteht das Bild einer erbarmungslos beschleunigten Hinrichtungsmaschinerie, in der weder Gerechtigkeit noch Menschenwürde einen Platz haben.
Von der offenkundigen Verletzung bürgerlicher Rechte bis zur Bestrafung alltäglicher Verhaltensweisen
In der vergangenen Woche wurden zahlreiche Fälle von Bürgerrechtsverletzungen im Iran dokumentiert, die das stetig wachsende Ausmaß systematischer und allgegenwärtiger Repressionen durch die Justiz sowie die Sicherheits- und Ordnungskräfte eindrucksvoll offenlegen.
Ein besonders grausamer Vorfall ereignete sich am Abend des 25. Mai in der Region Khajeh-Dochahi bei Nahbandan: Sicherheitskräfte eröffneten ohne jede Vorwarnung das Feuer auf vier jugendliche Belutschen, die lediglich auf einem Feldweg in der Nähe ihres Dorfes unterwegs waren. Der Angriff endete mit dem Tod des Jugendlichen Navid Zarouyi Baloch und der schweren Verwundung von Mehran Zarouzehi. Dieser Vorfall steht exemplarisch für die systematische Gewalt des Staates gegenüber benachteiligten Randgruppen und marginalisierten Gemeinschaften.
Ein weiteres Beispiel für die Kriminalisierung sozialen und kulturellen Engagements ist das Urteil gegen Peyman Yousefi, den Leiter einer Straßenmusikgruppe in Dezful. Er wurde in Abwesenheit zu einem Jahr Haft verurteilt, wegen der angeblichen „Verbreitung obszöner Inhalte“ in den sozialen Medien. Tatsächlich bestand seine Tätigkeit in Straßenmusik, humanitärer Hilfe für Bedürftige und der Beteiligung an wohltätigen Projekten. In einer Reaktion erklärte Yousefi, die Anklage sei völlig unbegründet und Ausdruck der zunehmenden Repression gegen bürgerliches Engagement.

In der Provinz Fars gab die Staatsanwaltschaft die Festnahme mehrerer Personen bekannt, denen vorgeworfen wird, „die Tätigkeit von Lastwagenfahrern gestört“ zu haben. Die Betroffenen hatten lediglich Arbeitsstreiks unterstützt oder sich in sozialen Medien dazu geäußert. Ihre strafrechtliche Verfolgung stellt eine klare Verletzung des Streik- und Protestrechts dar, das laut internationalen Menschenrechtsnormen zu den grundlegenden Rechten der arbeitenden Bevölkerung gehört.
Gleichzeitig ordnete die Revolutionsstaatsanwaltschaft von Isfahan ein allgemeines Verbot des Gassigehens mit Hunden in allen öffentlichen Räumen und Fahrzeugen an. Autos mit Hunden würden beschlagnahmt, nicht genehmigte Tierarztpraxen geschlossen. Diese Anordnung, für die es keinerlei eindeutige gesetzliche Grundlage gibt, steht exemplarisch für die fortschreitende Einmischung der Sicherheitsapparate in das Privatleben der Menschen, eine direkte Verletzung von Eigentumsrechten und individueller Lebensgestaltung.
Gefängnis, Verbannung und Missachtung der Gesundheit von Gefangenen: die umfassenden Dimensionen der Menschenrechtsverletzungen in Justiz- und Sicherheitsinstitutionen
Auch in dieser Woche wurden zahlreiche Fälle von Druck, Vernachlässigung und der Verletzung elementarer Rechte politischer und weltanschaulicher Gefangener in Iran dokumentiert – ein deutliches Zeichen für die anhaltende Rechtswidrigkeit innerhalb der Haftanstalten des Landes.
Mahvash (Sayeh) Seydal, promovierte Juristin im Bereich Völkerrecht und politische Gefangene im Evin-Gefängnis, befindet sich seit dem 26. Mai im Hunger- und Medikamentenstreik. Ihr Protest richtet sich gegen die systematische Verweigerung medizinischer Versorgung. In einem Schreiben an internationale Institutionen beklagte sie das Fehlen eines Allgemeinmediziners, die Verhinderung des Zugangs zu Fachärzten sowie disziplinarische Strafmaßnahmen wie Kontakt- und Besuchsverbote. Die Verantwortung für jeglichen gesundheitlichen Schaden machte sie ausdrücklich der Islamischen Republik gegenüber geltend.

Ein weiterer erschütternder Fall betrifft Shahin Najafgholizadeh, einen 44-jährigen Gefangenen mit diagnostizierter Schizophrenie. Seit über 100 Tagen wird er im Trakt 4 des Evin-Gefängnisses festgehalten, ohne Zugang zu medizinischer Behandlung, ohne Gerichtsverfahren und ohne die Möglichkeit zur Hinterlegung einer Kaution. Dies geschieht, obwohl der Gefängnispsychiater seinen kritischen Zustand ausdrücklich bestätigt hat und selbst das Informationsministerium schriftlich seine Freilassung forderte. Dennoch verweigert das Justizsystem jegliche Reaktion.
Auch die Journalistin Nasim Soltanbeigi, die zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, befindet sich weiterhin in Haft, obwohl ein medizinisches Gutachten offiziell ihre Haftunfähigkeit bescheinigt hat. Statt eine Ersatzstrafe zu verhängen, hat das Berufungsgericht den Fall zum zweiten Mal, entgegen dem üblichen rechtlichen Verfahren, an die Strafvollstreckungsbehörde zurückverwiesen. Die Folge: Ihr kritischer Gesundheitszustand bleibt weiter unbeachtet und verschlechtert sich zusehends.
Ein weiteres Beispiel für die systematische Missachtung grundlegender Rechte ist die rechtswidrige Verbannung von Sahand Nourmohammadzadeh, einem während der Proteste von 2022 inhaftierten Demonstranten. Er wird derzeit im Gefängnis von Kahnooj festgehalten. Sein Vater beschrieb öffentlich die Härten, denen Familienangehörige durch die räumliche Entfernung ausgesetzt sind, etwa die stundenlangen Anreisen von Teheran für ein lediglich einstündiges Besuchsrecht. Er beklagte den zusätzlichen psychischen und physischen Druck, der den Familien auferlegt wird.
Diese Fälle zeigen exemplarisch die systematische Missachtung der Menschenrechte in den iranischen Gefängnissen. Sie offenbaren eine Justiz, die schweigt, eine Gerichtsmedizin, die sich gleichgültig zeigt, und Ermittlungsbeamte, die willkürlich handeln. Gesundheit und Menschenwürde der Gefangenen werden gezielt und systematisch missachtet.
Verschärfte Repression gegen Aktivistinnen und Aktivisten sowie Bürgerinnen und Bürger: Von konstruierten Anklagen bis zu schweren Haftstrafen
In der vergangenen Woche setzte im Iran eine neue Welle systematischer Repression gegen politische, soziale, gewerkschaftliche und kulturelle Aktivistinnen und Aktivisten ein. Ghelareh Abbasi, monarchistische Aktivistin und Mutter einer Tochter, muss sich nach der Bestätigung ihres 51-monatigen Hafturteils zur Vollstreckung ihrer Strafe stellen.
Ein weiteres Beispiel sind Fereschteh Souri und Ali Jahanian. Trotz bereits verbüßter Haftstrafen wurden sie erneut nach Vorladung durch den Geheimdienst von Nahavand festgenommen und mit neuen Anklagen konfrontiert.
Die Repressionswelle richtet sich auch gegen Unterstützer des landesweiten Streiks der Lastwagenfahrer. Dutzende Personen, darunter Shahab Darabi, der zu einem erzwungenen Geständnis gezwungen wurde, Alireza Faghfoori und Sediq Mohammadi, wurden gewaltsam festgenommen. Berichte belegen, dass mehr als 20 Unterstützer dieses Streiks aus verschiedenen Städten verhaftet wurden. Dies geschah obwohl die Unterstützung eines solchen gewerkschaftlichen Protestes nach iranischem Recht nicht strafbar ist.
Doch der Druck beschränkt sich nicht nur auf gewerkschaftliche Aktivistinnen und Aktivisten. So wurde Dr. Mahshid Gohari, ehemalige Dozentin an der Ferdowsi-Universität, allein wegen ihrer kulturellen Aktivitäten und ihres Engagements für die Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Ebenso wurde Fahimeh Soltani, eine exmatrikulierte Studentin und Teilnehmerin an den Protesten, zur Verbüßung einer einjährigen Haftstrafe ins Gefängnis überstellt.
Darüber hinaus wurde Saeed Abbasipour inhaftiert, nachdem er gegen die Abschaltung seines beruflichen Telefons protestiert hatte. Der politische Gefangene Shahryar Bayat, ursprünglich zum Tode verurteilt, erhielt letztlich eine Haftstrafe von fünf Jahren sowie Zwangsarbeit in einer Wohltätigkeitsorganisation. Der erfahrene Aktivist Behnam Chegini wurde erneut verfolgt, wobei Sicherheitskräfte das Haus seines Vaters in Arak durchsuchten, um ihn festzunehmen.
Parallel dazu wurde Dr. Hassan Bagherinia, entlassener Universitätsprofessor, erneut mit neuen Anklagen konfrontiert und zur Staatsanwaltschaft vorgeladen. Gleichzeitig sieht er sich einem schweren Verfahren vor dem Revolutionsgericht gegenüber.
Diese Vielzahl von Fällen offenbart eindrücklich die repressiven und sicherheitsorientierten Strategien der Islamischen Republik, die auf jegliche Form von Protest, ob politisch, kulturell oder gewerkschaftlich, mit Festnahmen, harten Urteilen und psychischem Druck reagiert.
Verschärfte systematische Verfolgung der Bahai-Gemeinschaft
In dieser Woche hat die Islamische Republik eine neue Welle systematischer Repressionen gegen die Bahai-Minderheit entfacht. Sheida Rouhani, Bahai-Bürgerin und Mutter eines Kindes, wurde am 27. Mai 2025 gemeinsam mit Shideh und Sheila Tavakoli in Teheran ohne einen gerichtlichen Beschluss gewaltsam von Sicherheitskräften festgenommen. Im Zuge der Festnahmen wurden ihre Wohnungen durchsucht und persönliches Eigentum wie Gold, Devisen sowie elektronische Geräte beschlagnahmt. Bis heute sind weder ihr Aufenthaltsort noch offizielle Anklagen gegen sie bekannt geworden.
In Schiraz hingegen wurde Roya Sabet, eine in den Vereinigten Arabischen Emiraten lebende Bahai-Bürgerin, trotz einer kurzen Reise zur Pflege ihrer Eltern mit einem schweren Urteil vor dem Revolutionsgericht konfrontiert. Sie erhielt eine Haftstrafe von 25 Jahren, zusätzlich ein Ausreiseverbot, die Aberkennung ihres Reisepasses sowie soziale Einschränkungen. Dies geschah unter unbegründeten Anschuldigungen wie „Zusammenarbeit mit Israel“ und „Bildung einer Gruppe gegen die Sicherheit des Landes“. Darüber hinaus wurden 26 Bahai aus Schiraz, die vor beinahe einem Jahrzehnt freigesprochen worden waren, durch Anwendung von Artikel 477 sowie auf Klage des ehemaligen Generalstaatsanwalts von Fars erneut vor Gericht geladen.
Diese Maßnahmen spiegeln die bewusst und gezielt verfolgte Politik der Islamischen Republik wider, die religiösen Überzeugungen der Bahai systematisch zu unterdrücken und ihre juristische Verfolgung fortzusetzen. Damit wird die Freiheit von Religion und Gewissen in eklatanter Weise verletzt.
Fortwährender Druck auf Frauenaktivistinnen und die fehlende Bereitschaft des Rechtssystems, Frauen zu schützen
In der vergangenen Woche wurden Baran Saedi und Leila Pashaei, zwei Frauenrechtsaktivistinnen aus Sanandadsch, erneut zur Vernehmung vor die zweite Ermittlungsabteilung vorgeladen. Diese beiden Frauen, die zuvor wegen der Durchführung von Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag festgenommen worden waren, sehen sich nun neuen Vorwürfen gegenüber, unter anderem der „Gründung einer illegalen Gruppe“ sowie „Propaganda gegen das Regime“. Die Kautionssumme für ihre Freilassung wurde auf 100 Millionen Toman angehoben. Diese anhaltenden Repressionen setzen die gezielte Unterdrückung von Aktivistinnen fort, die seit Beginn des Aufstands „Frau, Leben, Freiheit“ im Fokus der Sicherheitsorgane stehen.
Auf legislativer Ebene räumte Ali Azari, Sprecher der Rechts- und Justizkommission im Parlament, ein, dass der Gesetzentwurf zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen seit über zehn Jahren stagniert. Er nannte insbesondere die Komplexität islamischer Rechtsvorschriften und deren Widersprüche zu den heutigen gesellschaftlichen Bedürfnissen als Haupthemmnisse. Besonders verwies er auf eine gesetzliche Lücke im Umgang mit sogenannten Ehrmorden sowie das Fehlen abschreckender Strafen für Väter, die ihre Töchter töten.
In der Gesamtschau verdeutlichen diese Entwicklungen, dass das Rechtssystem der Islamischen Republik nicht nur kein Interesse am Schutz von Frauen zeigt, sondern aktiv die Repression von Frauenrechtsaktivistinnen weiter vorantreibt.
Fazit
Die in dieser Woche dokumentierten Fälle zeichnen das Bild einer einheitlichen und konsequenten Politik der Islamischen Republik, die darauf abzielt, jede abweichende Stimme, Meinung oder Bewegung außerhalb der vom Regime vorgegebenen Grenzen zum Schweigen zu bringen. Von übereilten Hinrichtungen über die Verweigerung medizinischer Versorgung für Gefangene bis hin zu konstruierten Anklagen gegen zivile Aktivistinnen und Aktivisten, von der Repression gegen Unterstützer gewerkschaftlicher Streiks bis hin zur systematischen Bedrohung von Glaubens- und Religionsfreiheit, all dies belegt, dass Unterdrückung nicht die Ausnahme, sondern das tragende Element der herrschenden Politik ist. In einem solchen Klima ist die sorgfältige Dokumentation, die Aufklärung und die Solidarität mit den Opfern dieser Repressionen dringender und notwendiger denn je.