Die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Iran stehen im Spannungsfeld zwischen Regierung und Bevölkerung. Trotz der Versuche der Regierung, durch die Einbeziehung der Reformisten die Wahlbeteiligung zu erhöhen, zeigt sich eine tiefgreifende Unzufriedenheit im Land. Viele Menschen, insbesondere jene, die mit dem Begriff „anderer Iran“ beschrieben werden, sehen keinen Unterschied zwischen Reformisten und Hardlinern, da beide Gruppen Teil des bestehenden Systems der Islamischen Republik sind. Diese Menschen streben nach einem grundlegenden Wandel und setzen sich für den Sturz des aktuellen Regimes ein, da sie sich mit kosmetischen Reformen nicht zufrieden geben.
Proteste im Iran sind nichts Neues, und Iraner, unabhängig von Geschlecht, Ethnie, Alter und Schicht, erheben seit 40 Jahren ihre Stimme gegen dieses islamistische Regime.
Die aktuelle Revolution begann genau dort, wo dem iranischen Volk klar wurde, dass dieses Regime nicht nur mit seinen Reformversuchen gescheitert ist, sondern dass es weder reformierbar noch demokratisierbar ist. 2009 kam es zu Massendemonstrationen, als Mahmoud Ahmadinejad sich zum zweiten Mal zum Präsidenten erklärte. Am 28. Dezember 2017 gab es weitverbreitete Proteste mit dem Slogan „Ob Hardliner oder Reformer, eure Zeit ist vorbei“, und das Ende der Scheinreformen im Iran wurde angekündigt. Die Hoffnung auf angemessene Reformen existiert seither nicht mehr innerhalb der iranischen Bevölkerung.
Nach den Protesten 2017 gingen im November 2019 Tausende Iraner wegen einer Benzinpreiserhöhung auf die Straßen. Laut offiziellen Angaben wurden während dieser Proteste 1500 Menschen getötet, inoffiziellen Angaben zufolge starben über 3000 Iraner, entweder durch direkte Erschießung auf der Straße oder nach der Festnahme.
Reformen im Rahmen der Islamischen Republik waren weder möglich noch erwünscht. Sie waren von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil es von Anfang an nur eine Illusion der Reformen gab. Wenn man zurückblickt und sich fragt, was zum Beispiel bei den Frauenrechten hätte geändert werden sollen im Rahmen der Reformen, wie das gleiche Erbrecht, Scheidungsrecht, Sorgerecht, Freizügigkeit – sie durften gar nicht passieren, weil sie laut islamischer Verfassung gegen den Willen Gottes sind. Die Herrschaft der Rechtsgelehrten schließt Reformen jeglicher Art aus. Den Iranern ist klar geworden, dass die Islamische Republik im Rahmen ihrer Verfassung weder demokratisierbar noch reformierbar ist. Die Reformen in der Islamischen Republik waren unmöglich, weil sie in der Praxis die grundlegenden gelungenen Reformen gestürzt haben und in der Theorie antiliberale, antidemokratische und antitraditionelle Züge trugen. Genau in dem Moment, als Iraner ihre Hoffnung auf Reformen aufgegeben haben, wollten sie nichts außer der Abschaffung des Regimes und die Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit.
Es wird immer wieder laut gesagt:
„Ob Reformist oder Hardliner, eure Geschichte ist vorbei.“