Antisemitismus an Universitäten und unter Akademikern: Eine Warnung aus der Geschichte

Elahe Ramandi

Die aktuellen Ereignisse an der Columbia University werden nicht nur Amerika, sondern die Welt nachhaltig beeinflussen. Die Verbreitung von antisemitischen Ideologien unter Akademikern ruft diejenigen auf den Plan, die sich für eine Welt ohne Vorurteile einsetzen.

Um die tiefgreifenden gesellschaftlichen Auswirkungen solcher Bewegungen zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf die Demonstrationen iranischer und deutscher linker Gruppen in Berlin im Jahr 1967 zu werfen, die bemerkenswerten Parallelen zu den aktuellen Ereignissen an der Columbia University aufweisen.

Die Reise von Mohammad Reza Schah Pahlavi nach Deutschland Ende Mai und Anfang Juni 1967 hinterließ eine bleibende Spur in der Geschichte des Landes. Selbst fünfzig Jahre später wird noch immer in deutschen Medien und akademischen Kreisen über die Bedeutung dieses Besuchs und seine weitreichenden Folgen debattiert.

Nach langem Schweigen trat nun eine Schlüsselfigur, die eng in diese Ereignisse verstrickt war, an die Öffentlichkeit. Bahman Niroumand, Gründer der Weltkonföderation iranischer Studenten im Exil und ein entschiedener Gegner des Schah-Regimes, enthüllte an einem Abend vor dem geplanten Besuch des Schahs in Westberlin bei einer Versammlung im „Maximum Auditorium“ der Universität Berlin ein Enthüllungsbuch. Der Titel „Persisches Modell eines Entwicklungslandes oder Diktator der freien Welt“ stammt aus der Feder des Rowohlt Verlags, mit einer Empfehlung auf der Rückseite von Hans Magnus Enzensberger.

Niroumand ist auch bekannt für seine Beteiligung an einem Vorfall im März 1968, als er zusammen mit Rudi Dutschke, einem führenden Mitglied der Studentenbewegung, eine Bombe in einem geheimen Koffer an Bord eines Flugzeugs trug, mit dem Ziel, die Sendeanlage des „AFN“ [USA-Militärnetzwerk] in „Saarbrücken“ zu sprengen. In seiner Biografie bestätigt Niroumand nun, dass die Ermordung des Schahs am 2. Juni 1967 tatsächlich geplant war und beschreibt den Plan als „umsichtig“, betonend, dass er „mit Sicherheit erfolgreich“ gewesen wäre. Die mobile Bombe wurde von einem „außerordentlich talentierten Iraner“ entworfen.

In seinen packenden Reden überzeugte Niroumand die Studentenschaft davon, dass der Kampf gegen die Unterdrückung im Iran gleichbedeutend sei mit dem Einsatz für Vietnam. Insgesamt wurden drei Demonstrationen koordiniert, die einen Wendepunkt in der deutschen Geschichte markierten. Bei einem Vorfall wurden drei Polizisten festgenommen, nachdem sie einen Studenten namens Benno Ohnesorg Gewahrsam genommen hatten.

Ein anderer Polizist namens Karl Heinz Corassen schoss aus nächster Nähe auf diesen Studenten. Jahre später wurde bei der Untersuchung der Akten des DDR-Sicherheitsministeriums festgestellt, dass Corassen ein inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums war. Es gab keinen endgültigen Beweis dafür, ob dieser Mord vorsätzlich war oder nicht, aber dieser Vorfall heizte die Proteste weiter an, und Bahman Niroumand, der Hauptakteur hinter den Protesten, erreichte sein Ziel.

Im Juni 2009 erklärte Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der Redaktion der Zeitschrift „Stern“, dass die Stasi-Fälle einen Rückblick auf die dreißigjährige Geschichte der deutschen 68er-Bewegung und ihrer terroristischen Abweichung erforderten.

Doch die Parallelen zu den heutigen Ereignissen an der Columbia University sind beunruhigend. Die zunehmende Verbreitung antisemitischer Ideologien unter Akademikern könnte zu einer ähnlichen Radikalisierung und Spaltung führen, wie sie in den 60er Jahren in Deutschland zu beobachten war.

Die Polarisierung an den Universitäten könnte nicht nur die akademische Freiheit gefährden, sondern auch tiefere gesellschaftliche Gräben aufreißen und langfristig das Fundament der demokratischen Gesellschaft untergraben. Die Geschichte zeigt, dass solche Bewegungen oft außer Kontrolle geraten und weitreichende negative Konsequenzen nach sich ziehen können, die das gesellschaftliche Gefüge nachhaltig destabilisieren.

 

Literatur:

Was geschah am 2. Juni 1967 /Wolfgang Kraushaar September 2012 DIE ZEIT Nr. 38/2011

Frankfurter Allgemeine Zeitung / Rudi Dutschkes Freunde und Helfer / Besprechung von 31.01.2005

Michael Miersch / Die DDR und das Rätsel um den Tod von Ohnesorg
26.05.2009 Die Welt

Wolfgang Kraushaar, Karin Wieland, Jan Philipp Reemtsma
Rudi Dutschke, Andreas Baader und die RAF